
25.02.2025
Kleinunternehmer sind Mütter, Hobbyleute oder Schwarzarbeiter
Jasmin Zeidler hat ihr Kleinunternehmen als Sprungbrett genutzt und ihr Geschäft damit im Mutterschutz aufgebaut. Sie findet, statt das Kleinunternehmertum immer nur schlechtzureden, sollte man darüber sprechen, wie es Friseuren einen erfolgreichen Einstieg ermöglicht.
Im Gespräch mit Katriina Janhunen
Wie war der Einstieg in Ihre Selbstständigkeit?
Jasmin Zeidler: 2021 war ich schwanger und durch Corona zeichnete sich schon ab, dass mein Job nicht mehr bestehen bleibt. Also habe ich entschieden, mich als Kleinunternehmerin selbstständig zu machen. Ich habe nur minimal gearbeitet, um Stammkunden zu behalten. Im Januar 2022 wurde mein Sohn geboren, nach dem Mutterschutz habe ich minimal weitergearbeitet. Erst nachdem mein Sohn in die Krippe gegangen ist, konnte ich das hochkurbeln. Innerhalb von einem Jahr habe ich meinen Umsatz verdoppelt und bin in die Regelbesteuerung gekommen.
Das heißt, Ihr Grund, um ein Kleinunternehmen zu gründen, war die Mutterschaft?
JZ: Genau und die Flexibilität. Ich arbeite auch jetzt höchstens 18 Stunden die Woche und verdiene genauso viel wie angestellt. Mittlerweile habe ich zwei Aushilfen eingestellt und es läuft sehr gut.
Hatten Sie damals im Kleingewerbe einen eigenen Salon?
JZ: Die erste Zeit habe ich mobil gearbeitet, aber dann mit Stuhlmiete angefangen. Aktuell habe ich die Aussicht darauf, den Salon, in dem ich meinen Stuhl gemietet habe, auf Dauer zu übernehmen, weil die Besitzerin in Rente geht.
Wie lief der Umstieg in die Regelbesteuerung? Haben Sie die Preise erhöht?
JZ: Ich habe die Preise schon erhöht, aber ich hatte sie auch davor nicht so niedrig. Ich habe die Preise vielleicht um 10% angehoben, nicht um 19%, weil ich vorher schon höherpreisig war.
Und wie fanden die Kundinnen das?
JZ: Die fanden das alle völlig in Ordnung. Da ich am Rande von Hamburg bin, wandern auch sehr viele aus Hamburg aus – da sind ja teilweise die Preise astronomisch gestiegen. Dadurch, dass ich mich auf Blond spezialisiert habe, spreche ich auch nur dementsprechendes Publikum an. Die lassen gerne ein bisschen mehr Geld im Salon.
Gerade bei Farbkundinnen ist man schnell in einem hohen Preisbereich – als Kleinunternehmerin kann man nur ein paar Farbkundinnen in der Woche haben, weil man sonst über die Grenze kommt?
JZ: Ja, genau so war das - am Anfang habe ich teilweise nur zweimal die Woche eine Kundin gemacht, weil mit Säugling nicht mehr möglich war. Ich habe meine Arbeiten immer mitgefilmt und fotografiert und das bei Instagram online bestellt. Dadurch spricht man viele Kunden in der Region an.
Das heißt, als Sie dann nicht mehr Kleinunternehmerin waren, waren die Kundinnen auch schon da.
JZ: Ja. Und es werden immer mehr.
Wenn die Kleinunternehmerregelung ein gutes Gründungssprungbrett ist, was halten Sie dann von jenen, die dauerhaft so gemeldet sind?
JZ: Nee, dann ist das kein Sprungbrett mehr. Ich kann das verstehen, wenn man innerhalb von 10 Jahren 3 Kinder bekommt und trotzdem ein bisschen arbeiten möchte. Das ist einfach lukrativer als angestellt zu sein. Aber wenn es darum geht, den Staat zu betrügen, finde ich das nicht gut. Letztendlich steht ja auch im Gesetz, dass jedes Unternehmen wirtschaftlich sein und gewinnorientiert arbeiten muss. Das würde zumindest heissen, dass man um die Inflation mehr verdient und dann müssen alle irgendwann über die Kleinunternehmergrenze kommen.
Wäre eine zeitliche Begrenzung der Kleinunternehmerschaft sinnvoll?
JZ: Nein, weil es gibt ja Leute, die ihr Hobby als Kleinunternehmen angemeldet haben. Ich habe eine Freundin, die ist Hobbyfotografin und das wird nie darauf hinauslaufen, dass sie damit Geld verdient. Da ist es einfach nur, um die Unkosten zu decken und dass das Finanzamt es nicht als Schwarzarbeit ansieht.
Glauben Sie denn, dass viele Kleinunternehmer schwarz arbeiten?
JZ: Ja. Aber auch Große.
Kann man als Kleinunternehmerin von diesem Geld leben?
JZ: Nein, als Alleinstehende nicht. Ohne Partner im Hintergrund ist das mit einem Kleinunternehmen auf keinen Fall möglich, weil die Einnahmen sind ja nicht der Gewinn, sondern man hat noch sehr viel Material und Miete – keiner kann von 800€ leben.
Wer sind die typischen Kleinunternehmerinnen und warum arbeiten sie nicht mehr?
JZ: Es gibt drei Gruppen. Einmal sind das Mütter, die das vielleicht auch als Chance sehen. Dann sind das Hobbyleute. Und dann Leute, die dachten, ein Kleinunternehmen ist ein gutes Sprungbrett, aber dann merken, dass die Bürokratie sehr einfach ist und den Rest einfach in die Tasche machen.
Wie geht es Ihnen, wenn man überall nur negatives über Kleinunternehmer hört?
JZ: Ich finde es schon ein bisschen unfair. Am Markt wird man schlecht bezahlt und gerade Frauen haben dadurch eine Chance einfach und ohne viel Angespartes loszulegen. Hätte ich sofort in die Regelbesteuerung gemusst, hätte ich gar kein Eigenkapital gehabt für das Equipment und die Miete. So konnte ich mir das Kundin für Kundin langsam aufbauen. Den faulen Apfel gibt's ja leider überall, das ist nicht nur im Kleingewerbe.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
JZ: Dass der Betrieb noch ordentlich wächst. Ich hätte gerne noch einen Azubi. Ich möchte den Salon ganz übernehmen und mir einen guten Namen machen.
Und was wünschen Sie sich für die Branche?
JZ: Dass mit weniger Neid geguckt wird. Wenn man nicht genug in der Kasse hat, sind nicht die anderen schuld, sondern man selber.