01.06.2015

Gianni D’Assero im Persönlichen

Londoner Jugendkultur, die Mascolo Brüder, Tigi und andere Prägungen ...

Die Londoner Jugendkultur und die Mascolo Brüder prägen seinen Karriereweg, mit Anthony Mascolo verbindet ihn seit Jahrzehnten eine enge Zusammenarbeit. Auch dank derer steht der gebürtige Italiener für die britische Kultmarke TIGI „seit er denken kann“ auf der Bühne, ist Creative Director Germany und entwickelt, abseits seiner eigenen Salons, u.a. Kollektionen und Seminarformate für TIGI.
Gianni D'Assero ist viel unterwegs. Im Taxi, auf dem Weg von der Mailänder TIGI Academy zu seinem Hotel, nimmt er sich Zeit für uns, und wir plaudern über den Jungen Gianni, über Trainerfindung im Hause TIGI und darüber, warum er den Satz „Wir müssen die Leute motivieren!“ so nicht stehen lassen kann.

Fakten

  • geboren auf Sizilien | aufgewachsen in Stuttgart
  • Friseur in dritter Generation
  • seit 16 Jahren Friseurunternehmer
  • 2 Salons: „FILLE et GARCON“ in Stuttgart und Pforzheim
  • 17 Mitarbeiter | 5 Azubis
  • 1989 Toni&Guy London, ab 1992 Toni&Guy Creative Director
  • seit 2001 TIGI Creative Director Germany
  • Trend Collections, Shootings, Seminare & Schulungen für TIGI national und international

imSalon: Ein Italiener in Deutschland mit französisch klingenden Salons: „FILLE et GARCON“. Wie kam es zur Namensgebung?
Ich habe diesen Namen schon immer geliebt: „Mädchen und Jungen!“ Und das liegt nicht nur daran, dass meine Frau und ich zuerst ein Mädchen und dann einen Jungen bekommen haben! Mädchen oder Junge - das ist die Basis unseres Daseins, unseres persönlichen Lifestyles. Ich musste sogar 7 oder 8 Jahre warten, bis ich endlich zuschlagen konnte, denn der Name war jahrelang geschützt. 

"Mädchen oder Junge - das ist die Basis unseres Daseins, unseres persönlichen Lifestyles"

imSalon: Wie oft erweckst du den Jungen in dir?
Ich ertappe ihn in vielen Situationen, in denen ich denke: Junge, Junge, in deinem Alter!
Bei Shootings zum Beispiel, da werden wir immer gern mal zu Jungs und da kommen ja auch die besten Sachen bei raus. Jungen haben ihren besonderen Charme. 
Aber wenn es darum geht, Ordnung zu machen und Erfahrung aus dem Ärmel zu schütteln, ist es gut, nicht mehr der Junge zu sein. 

imSalon: Als Spross einer Friseurfamilie - hattest du andere berufliche Pläne? 
Ich hätte etwas machen wollen mit Fotografie und Malerei, das sind Dinge, die mich immer noch begleiten. Aber ich habe mich für den Friseur entschieden. Fotos und Haare, das passt gut zusammen. Ich liebe Fotoshoots, und nicht nur bei den Kollektionen ist meine Kamera häufig dabei. 

imSalon: Du leitest das deutsche TIGI Creative Team. Wie kamst du dazu?
Anfang der 90er Jahre war ich bei Toni&Guy in London Creative Director, dort habe ich Anthony (Mascolo, Anm.) kennengelernt. Wir arbeiten seit vielen Jahren eng zusammen, mit ihm habe ich Toni&Guy in Deutschland aufgebaut. Als er dann zu TIGI wechselte, bin ich mit ihm gegangen. 

Imsalon: Wie wichtig ist dir Loyalität?
Sehr wichtig! Ich denke, ich bin ein treuer Mensch. Vor 30 Jahren war ich schon bei Toni&Guy und seit 15 Jahren bin ich TIGI eng verbunden. 
Ich persönlich halte nichts von vielen verschiedenen Marken, auch nicht in meinen Salons. Ich mag es klar und strukturiert, damit kann ich mich identifizieren. Und es geht dabei nicht nur um eine spezielle Marke, sondern es geht auch um markenspezifisches Business, die Emotionen, die Technik. 

imSalon: Würdest du dich als strukturiert bezeichnen?
Mittlerweile schon. Ich habe viele Facetten des Jobs zu organisieren. Seminare formen und entwickeln, deren Abläufe koordinieren, das fachliche Niveau des Teams erhalten, Meetings abhalten und auf die Salons schauen. Da das alles klappt, also denke ich: Ja, ich bin strukturiert! 

imSalon: Wenn ich Trainer im Creative Team in Deutschland werden möchte, was muss ich können, wohin kann ich mich wenden?
Wir haben dafür unseren TIGI Inspirational Youth Wettbewerb. Hier entwickelt sich ein Pool, aus dem wir schöpfen können. Diese jungen Leute, die sich hier bewerben, können wir mitnehmen auf unsere Reise. Sie erleben eine Woche in London mit dem internationalen Creative Team, erarbeiten ein eigenes Modell für ein Fotoshooting, dürfen mit auf die Bühne, so wie bei der letzten World Release Show in Berlin.
Für mich ist es wichtig, dass diese Sache keine Seifenblase ist, wir wollen diese jungen Leute wirklich begleiten. Auf Dauer kristallisiert sich heraus, wer im Creative Team arbeiten möchte oder zu sich selbst sagt: Mein Platz ist im Salon, aber zusätzliche Saloneinsätze wären eine tolle Sache. 
Wir starten in Deutschland gerade in die zweite Runde und darauf freu ich mich irrsinnig.

"Die Mutter meiner Inspiration ist ganz klar London."

imSalon: Die meisten deutschen Friseure blicken nach London auf der Suche nach Inspiration und kreativem Input. Wo suchst du?
Die Mutter meiner Inspiration ist ganz klar London. Mich fasziniert die Londoner Jugendkultur mit ihren Impulsen und Unterschieden. Mittlerweile aber wird das immer mehr zu einer globalen Sache. Viele Dinge, die auf mich einwirken, kommen durch meine Reisen. Unterwegs sein ist mein Lebenselixier. Mein Unterbewusstsein fängt vielschichtige Eindrücke und Ideen ein, genauso wie bei Seminaren oder im Salon.

imSalon: Was hast du auf deinen Reisen immer dabei?
Meine Werkzeuge und meinen Fotoapparat.

imSalon: Wie oft stehst du im Salon?
Im Schnitt 3-mal die Woche. Das Salondasein ist mir sehr wichtig, das ist meine Basis, um zu organisieren, aber auch, um zu überprüfen, ob die Dinge, die wir uns in London überlegen, auch in der Praxis für Friseur und Kunde funktionieren und nicht nur gut klingen. Die Kunden müssen den Style, den Glamour und das Handwerksfeeling mögen. 

imSalon: TIGI´s Slogan ist: Von Friseuren für Friseure. Testest du Produkte und kannst auf deren Entwicklung Einfluss nehmen?
Da sind mehr meine Londoner Freunde dran, die Produktlinien entwickelt das Creative Team dort. Aber ja, wenn wir Shoots in London haben, dann fragen sie schon nach, wie ich einzelne Produkte finde, und schätzen meine Meinung.

imSalon: Italiener gelten als temperamentvoll. Deine Stimme ist ruhig und besonnen. Kannst du auch lauter?
(lacht) Nur, wenn das Mikrofon auf der Bühne versagt. 

Wenn man bei einer Präsentation „Ordnung“ rein bringen möchte, muss man nicht die Stimme erheben, es genügen methodische Lösungen. Da kann ich konsequent sein und das wissen die Leute. 

imSalon: Als Unternehmer - schulst du deine Mitarbeiter selbst?
Ja und nein. In dieser Hinsicht möchte ich, dass meine Mitarbeiter nicht nur Kontakt zu mir haben. Hier arbeiten wir mit TIGI zusammen und ich habe irrsinniges Vertrauen in dieses Team. Da ist wieder die Loyalität, von der wir bereits gesprochen haben.

imSalon: Was sollte ein Mitarbeiter bei Gianni D`Assero mitbringen?
Was sich wahrscheinlich alle Chefs wünschen: die Bereitschaft, nie mit dem Lernen aufhören zu wollen und natürlich Fairness, Loyalität. 

"Der Satz „Wir müssen die Leute motivieren!“ stimmt für mich nicht!"

imSalon: Deine Tipps zur Imageverbesserung?
Für mich eine ganz klare Ansage: Education. Der zentrale Punkt ist, Education im Alltag zu leben. Der Satz „Wir müssen die Leute motivieren!“ stimmt für mich nicht, denn WIR müssen SIE inspirieren, damit sie sich selbst motivieren. Unsere Mitarbeiter und Azubis müssen bei uns aus dem Salon raus gehen und Werbung für uns machen, dann passt das. 

imSalon: Gibt es etwas typisch Italienisches, dass dir in Deutschland nicht fehlen darf?
(schwärmt) Tartufo! Ich sage dir, diese Teilchen sind einfach der Wahnsinn, die muss man probieren!
Und ich habe immer einen Prosecco um mich herum.

Gianni, vielen herzlichen Dank für deine Zeit!