Friseur Gerrit Habenei, München | Credit: Orla Conolly

27.11.2021

Gerrit Habenei: Ausbilden sollte nur, wer sich die Zeit dafür nehmen kann

Gerrit Habenei bildet nicht mehr aus, sondern setzt auf Assistenten. Denn ausbilden sollte nur, wer sich die Zeit dafür nehmen kann, sollte dafür aber finanziell unterstützt werden. Und wie wäre es mit Bafög für Friseur-Azubis und eine Friseurausbildung, die als College angelegt ist?

imSalon möchte Ausbildung neu denken

Ausbildung - ein Thema über das viel gekrübelt und gesprochen wird. Mitreden können alle, haben doch alle selbst eine Ausbildungszeit durchlebt. Ausbildung trifft uns immer in einer Zeit, in der wir jung sind, aber auch neugierig, suchend, erwartend, fordernd; in der Polepostion zum ganz Großen werden Weichen gestellt und das Feuer entfacht.
Viele AusbilderInnen möchten genau das für ihre Azubis, werden aber zunehmend mit Ausbildungssystem und Politik, Generationendiskurs und Fragen der Wirtschaftlichkeit konfrontiert. Für uns haben sich Kolleginnen und Kollegen Zeit genommen, ihre ►Gedanken zur Ausbildungssituation in Deutschland mit euch zu teilen. 


Ein Kommentar zur Ausbildungssituation von Gerrite Habenei, München

Ausbildung ist ein wichtiges Thema und ich denke, ausbilden sollten ausschließlich Friseure bzw. Friseurunternehmen, die sich die dafür Zeit nehmen können. Solche, die in der Lage sind, den Auszubildenden einen Trainer zur Seite zu stellen. Und das für mindestens 6 Wochen am Stück. Diese Kolleginnen und Kollegen, die für „andere“ ausbilden, sollten aber finanziell unterstützt werden.

Ich bin auch für eine staatliche Unterstützung unserer Auszubildenden z.B. in Form eines Bafögs, das sie nach der Ausbildung zurückzahlen. Wir Friseure gleichen das später über die höheren Gehälter der jungen Mitarbeiter wieder aus - ich denke hier an 18 Euro aufwärts.

„Die Friseurausbildung der Zukunft würde ich wie ein Studium ansetzen.“

Es wäre zeitgemäßer, die Ausbildung auf 2 Jahre zu verkürzen, dafür aber intensiver zu lehren. Theorie am Vormittag, nachmittags Praxis. Die Friseurausbildung der Zukunft würde ich eher wie ein Studium ansetzen, wie Colleges. Schon über die Berufsschulen, aber separate Trainer für moderne und zeitgemäße Techniken einstellen, vielleicht in Kooperation mit großen Firmen oder der Industrie. Die Berufsschulen leisten in meinen Augen fachlich gutes Handwerk, sollten aber moderner konzeptioniert werden. Das alles würde der Branche Mehrwert bringen.

„Berufsschulen leisten fachlich gutes Handwerk, sollten aber moderner konzeptioniert werden.“

Wir Friseure sind kreativ und bei Bühnen- und Fotoarbeiten besonders wild. Aber im Alltäglichen geht es heute schlichtweg um die Dienstleistung, in der wir Ansprüche immer genauer erfüllen müssen. Der Kunde von heute weiß selber sehr genau, was er mag und will und ist gut informiert. Den Weg zum Ziel müssen natürlich wir kennen und können! Ich persönlich mag das sehr gerne und äußere ehrlich meine Meinung oder gestehe auch einmal ein, wenn andere Kollegen manches fachlich besser können. Denn letztlich ist der Kundenwunsch das, was zählt. Das ist für mich Professionalität.

Natürlich muss das alles leistbar sein, aber dafür bezahlen uns die Kunden, die immer anspruchsvoller werden, gutes Geld. Deshalb kann das Friseurgehalt steigen, denn die 12 Euro sind da das absolute Minimum.

„Ich bilde nicht mehr aus, weil Lehrlinge unflexibel sind.“

Ich hatte im letzten Jahr noch einen Azubi, aber schon seit 10 Jahren setze ich auf zwei Assistenten, die anfangs ungelernt waren und mittlerweile mehr als gut einsetzbar sind - und das immer, wenn ich sie brauche und nicht, wann es die Schule oder der Innungskurs erlauben.

Eine meiner Assistentinnen macht einfache Tätigkeiten wie sauber machen und Haarwäsche zu einem Stundenlohn von 12,50 Euro. Die andere zusätzlich Rezeption, Kasse und Farbe, allerdings keine Strähnen(!), für 18 Euro pro Stunde. Für alle die denken, es ginge um eine kostengünstige Alternative – nein, es geht um die Flexibilität! Für mich als One Man Show macht das einfach mehr Sinn.

Heute gibt es zwei Arten von Azubis:
Extrem strebsam, immer pünktlich, selten krank, fleißig, selbstmotiviert und interessiert. Das macht natürlich Spaß und fordert einen als Chef!
Und dann die anderen: „Ich lebe heute!“, „Es gibt Regeln und Gesetze, an die der Chef sich zu halten hat!“, „Ich wäre gern erfolgreich - geht das auch mit Work-Life-Balance?“

JA…. ich war auch mal jung und habe meine Ausbilder auf Trapp gehalten. Feiern und die Nächte durchmachen waren auch meine Themen…. Aber ich war immer zuverlässig und bereit, etwas extra fürs Geschäft zu tun. Das hatte etwas damit zu tun, dass es damals mehr Lehrlinge als Jobs gab. Man musste da einfach durch, sonst war man raus. Das ist heute ganz anders.

„Heute noch ausbilden? (…) Wenn die Leistung passen würde, wäre es interessant.“

Würde ich selbst heute noch ausbilden wollen?
Wenn die Leistung in der Ausbildung passen würde, vielleicht, aber ich denke eher nicht. Sehr viel Zeit, sehr viel Einsatz und nach der Ausbildung geht es auf die Reise, was ich auch ganz normal finde!

Auch das Thema Kündbarkeit ist ein wichtiges. Wenn es mit einem Auszubildenden nicht passt, dann möchte ich ihn auch kündigen dürfen, so wie er mir jederzeit kündigen kann.


Und was denken andere Kollegen über die Nachwuchssituation?

HIER könnt ihr stöbern: ►Ausbildung NEU denken - Ansätze aus der Branche!

Gemeinsam möchten wir neue und zeitgemäße Ansätze diskutieren, Ausbildung neu konzipieren und erforderliche Wege ebnen. Wollt ihr euere Ideen mit uns teilen? Dann schreibt uns: ​​​​katja@imSalon.de

 


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