25.11.2020
Friseur Daniel Weber löst Sexismus Eklat aus
Zu tiefst sexistisch, so kritisiert eine bayrische Stadträtin das Werbeplakat des Salons Project H und schaltet den deutschen Werberat ein. Saloninhaber Daniel Weber erklärt Hintergründe und warum er als Sieger aus der Debatte hervorgeht.
Im Interview mit Raphaela Kirschnick
Wie geht es Ihnen im ungewöhnlichen 2020er Jahr?
DW: Gut, unser Oktober war umsatztechnisch wieder sehr stark. Jedoch ist die Kundenanzahl insgesamt weniger geworden, einige unserer Kundinnen sind im Homeoffice und haben nicht den Bedarf oder sie sind in Kurzarbeit.
Was gibt es Positives?
DW: Als Chef hätte ich es mir niemals gedacht, dass sich alle Mitarbeiter so konsequent an die Hygieneregeln halten und das über einen so langen Zeitraum. Ganz selbstständig wird alles eingehalten und das beeindruckt mich sehr.
„Wir messen bei jedem Kunden die Temperatur.“
Was machen Sie bezüglich Corona anders als andere Salons?
DW: Wir messen bei jedem Kunden die Temperatur.
Temperaturmessen ist keine Auflage, wie gehen Kunden damit um?
DW: Super, gar kein Problem, im Gegenteil. Einmal hatten wir im Trubel eine Kundin vergessen, die das sofort proaktiv eingefordert hat. Überhaupt gibt es keine Diskussionen mit Kunden, wir hatten genau ein einziges Mal einen Maskenverweigerer.
„Salon-Leitmotiv: Wir wollen, dass unsere Kunden Komplimente bekommen, wenn sie den Salon verlassen.“
Dafür ist in diesem Jahr ein ganz anderes Thema aufgeschlagen, ihr habt mit einem Plakat einen Sexismus Eklat ausgelöst. Wie ist es zur umstrittenen Plakatidee gekommen?
DW: Wir haben in unseren Salons ein Leitmotiv: Wir wollen, dass unsere Kunden Komplimente bekommen, wenn sie den Salon verlassen.
Jetzt kommt es aber immer wieder vor, dass wir Kunden massiv verändern, so von Blond auf Schwarz, Lang auf Kurz und so weiter. Die schweben dann aus dem Salon und wenn sie wiederkommen erzählen sie uns, dass es ihr Mann das nicht bemerkt hat.
Mit dieser Herausforderung haben wir eine Werbeagentur gebrieft.
Und die Agentur kam dann mit diesen Ideen?
DW: Korrekt! Die Agentur hat dann verschiedene Motive präsentiert und das war dabei, das war übrigens bereits 2006.
„Vom A… der Welt zum Mittelpunkt Europas“
Ach so lange gibt es das Motiv bereits? Warum dann erst 2020 der Eklat?
DW: Der Salon ist in Cham, einer kleinen bayerischen Kreisstadt, die früher der A… der Welt war im Grenzgebiet Tschechiens. Mittlerweile ist es der Mittelpunkt Europas und wir liegen direkt an einer Einfallstraße. 25.000 Autos fahren hier täglich vorbei. Und genau da hängt das Bild im Wechselrahmen, das wir alle 3 Monate wechseln. Im Juli ging dann besagtes Bild wieder hinaus, wie oftmals zuvor in 14 Jahren.
Gab es schon öfters Reaktionen?
DW: Natürlich gab es immer wieder mal zumeist lustige Kommentare. Jo mei, das war es dann! Von 250 Kommentare auf Facebook waren 2 negativ und einer dachte wir sind ein Intimfriseur.
„Stadträtin hat sich an den deutschen Werberat gewandt“
Wie ging es weiter?
DW: Die Grünen Stadträtin hat sich an den deutschen Werberat gewandt, von diesem wurde ich Mitte Oktober schriftlich abgemahnt. Des Weiteren ging eine Anzeige bei der Polizei ein, wegen Ablenkung im Straßenverkehr.
Und dann gab es Polizeieinsatz?
DW: Die Mädels riefen an und sagten die Polizei sei da. Da hab ich mir erstmal gedacht, einer hätte die Maske nicht aufgehabt. Der Polizeichef vor Ort kam persönlich vorbei und sprach nett mit uns. Dann kam noch das Ordnungsamt, ob alles ok sei, die Werbetafel ist ja genehmigt.
Musstet ihr auch Strafe zahlen?
Nein, ich weiß nicht, was weiter passiert wäre, aber wir haben das Motiv sofort abgehängt. Hätte sich diese Dame bei mir gemeldet und mit mir gesprochen, hätte ich es vielleicht auch rausgenommen. Aber die Motivation einer Stadträtin ist ja die, dass sie mehr Stimmen will, jetzt hat sie uns einen Gefallen getan, ob sich selbst, das weiß ich nicht
„… sogar die BILD“
Und wie kam dann die Presse hinzu?
DW: Die stand auch plötzlich auf der Matte, sogar die Bildzeitung. Meine Frau meinte nur: „Toll, jetzt ist mein Mann in der BILD-Zeitung mit dem nackten Arsch einer anderen Frau.“
„Image ist langfristig“
Das ist doch eigentlich ein enormer Werbewert?
DW: Ja, jetzt kennt uns jeder in der Gegend. Ich kenne allerdings nicht eine Kundin, die deswegen zu uns gekommen ist.
Ich glaube aber langfristig ist das gut. Man speichert im Kopf ab, dass da ein Friseur ist, der anders ist, und wenn jemand in 5 Jahren mit seinem eigenen Friseur unzufrieden ist, dann erinnert man sich an uns. Image ist langfristig!
Wer ist Daniel WeberFriseur und seit 20 Jahren Inhaber des Project H - Außergewöhnliche Friseursalons mit drei H's – Herz, Haare und Handwerk an den drei Standorten Cham, Schwandorf und Weiden in der Oberpfalz.