Credit: Dean Keno Zill

23.03.2023

Andrea Hecker: Skinification und Umdenken im Farbsalon

In den Köpfen der Kunden findet ein Umdenken statt, darauf müssen Friseure reagieren. Dabei spielt Kopfhaut, das Ganzheitliche und ein verändertes Färbeverhalten eine große Rolle, weiß Andrea Hecker.

Andrea Hecker im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Andrea, wir haben vor 8 Monaten ein Interview über deinen Covid-bedingten Haarausfall geführt, das auf sehr viel Resonanz gestoßen ist. Was ist seitdem für dich passiert?
Andrea Hecker:
Einiges! Gott sei Dank ist mein Haarausfall gestoppt und regeneriert sich. Meine größte Panik, ich wusste, dass sie wiederkommen. Aber ich wusste nicht wie, also in welcher Textur, oder Farbe. In meinem Alter kann es ja durchaus passieren, dass sie unpigmentiert kommen. Sie haben mir aber wirklich einen Gefallen getan und sind so gekommen, wie ich sie gerne wieder hätte. Ich bin guter Dinge.

Hast du jetzt Farbe im Haar?
Andrea:
Nein. Nur eine kleine Strähne.

"Kundinnen sind so unsagbar dankbar, wenn du mit ihnen ... über deren Kopfhaut sprichst."

Du stehst für Farbe, wirst du dich selbst auch wieder färben?
Andrea:
Ich werde wieder blond werden, denn mein Herz ist blond und denkt blond. Der dunkle Ton vom Ansatz tut mir da gut, denn das sorgt optisch für mehr Volumen.

Viele fanden das Thema Kopfhaut superspannend. Ich habe aber das Gefühl, dass sobald es ans Eingemachte geht, das Kopfhaut in vielen Salons schnell wieder zum Fremdwort wird.
Andrea:
Wobei es mit der Skinification-Bewegung sehr trendy geworden wäre. Ich bin da auch immer ein bisschen ratlos, weil es so wichtig ist. Kundinnen sind so unsagbar dankbar, wenn du mit ihnen darüber sprichst.
Friseure sollten sich viel mehr Gedanken darüber machen. Du musst den Nährboden des Haares gut machen und das ist die Kopfhaut. Diese kannst du von außen aufbauen und natürlich auch von innen unterstützen. Die junge Generation ist da bereits viel aktiver.

Inwiefern?
Andrea:
Auf TikTok gibt es so viele Live-Hacks rund um Haarausfall und Haarwachstum. Die Jungen beschäftigt, wie kann ich fülligeres, volleres Haar bekommen. Die setzen dafür ihr eigenes Rosmarinwasser an. Das ist ein ganz großer Trend. Sie sprühen sich das jeden Morgen und jeden Abend auf die Kopfhaut. Wenn du Rosmarinwasser oft genug anwendest, dann dunkelt das auch und dadurch sehen die Haare sofort fülliger aus. Und damit wird aber auch in der Früh und am Abend die Kopfhaut massiert. Und unter uns gesagt, wenn man seine Kopfhaut so konsequent massiert, dann passiert natürlich was …

Hast du jetzt auch Dinge in deinen Salonleistungen geändert?
Andrea:
Tatsächlich sind Kunden wirklich dankbar für jeden Strohhalm. Als Friseur nimmst du Veränderungen am Kopf deiner Kundin wahr. Da musst du sofort einsteigen und Empfehlungen aussprechen: von Kopfhautbehandlung über Farbe bis hin zu Nahrungsergänzungsmitteln. 

Hast du denn Nahrungsergänzungsmittel im Programm?
Andrea:
Nein, aber ich weiß, welche gut sind und empfehle die auch meinen Kunden.
Ich verkaufe überhaupt keine Produkte bei mir im Salon. 

Du hast dir aufgrund deiner eigenen Betroffenheit viel Wissen angeeignet, was waren deine Quellen?
ANDREA:
Ich habe natürlich gute Menschen an meiner Seite, die sich um mein gesundheitliches Wohlergehen kümmern. Ich habe sehr viel gelesen und einige Blutauswertungen gemacht und mich damit auseinandergesetzt. Ich arbeite schon immer viel mit Chemie und habe unabhängig von Long Covid schon immer meine Entgiftungsorgane unterstützt. Daran halte ich mich.  

Du verkaufst keine Produkte, arbeitest du mit Haaranalysegeräten?
Andrea:
Nein, ich muss ja immer schauen, was zu meinem Salon passt, aber ich bin überzeugt, dass das eine riesige Nische ist. Wenn sich da jemand gut aufstellt, dann hat man eine unfassbare Wertschätzung von seinen Kunden und ein gutes Businessmodell. Balayage hat uns einen großen Push gegeben. Aber was, wenn die Luft mal raus ist, was kommt dann. Ich bin jemand, ich möchte darauf vorbereitet sein. Ich beschäftige mich viel mit Trends und breche das auch auf meine Branche runter.

"Kunden brauchen meine fachliche Expertise"

Dein Core-Geschäft ist Farbe. Wie entwickelt sich das aktuell?
Andrea:
Auch ich merke, dass ich weniger Farbe mache und einige Kundinnen entfärbe. Viele Kolleginnen finden das schlimm. Meine Erfahrung ist jedoch, dass meine Kunden, die ich entfärbt habe, öfter kommen als sie noch gefärbt wurden. Detox ist groß angesagt. Grau und Silber müssen immer strahlen, damit es toll aussieht. Kunden brauchen meine fachliche Expertise dafür. Graue Haare musst du pflegen, genau wie blond, sonst sieht's nicht gut aus. Da geht eine Tür zu, dafür gehen drei andere auf.

Als wir damals das Interview gemacht haben, gab es ja viel Resonanz, auch für dich. Wofür haben sich denn hauptsächlich Friseure interessiert?
Andrea:
Überwiegend ging es um die Nahrungsergänzung, was kann ich präventiv tun. Ich denke im Akutfall, wenn es ganz schlimm ist, musst du dir helfen lassen. Ansonsten rate ich auch Kunden schon präventiv bewusster zu sein. Gerade wenn man sieht, wie immer mehr Lebensmittel industriell verändert werden, ist das Thema Ernährung ein ganz wichtiges. Ich hoffe, dass die Friseure beginnen, Kopfhaut in ihren Service aufzunehmen und in den Salon-Alltag integrieren. Im Salon sollte es einen Kopfhaut-Experten geben, das Potenzial dafür ist groß.

"Ich finde es aber schlichtweg erschreckend, dass noch immer die Männer die Platzhirsche auf den Bühnen und Podien sind. Es gibt so viele tollen Frauen in unserer Branche, auf geht’s ... "

Du bist viel auf Veranstaltungen und Seminaren. Welche Entwicklungen beobachtest Du?
Andrea:
Mir fehlen die Frauen, die Diversität. Wir Mädels müssen Gas geben, und uns noch immer stärker einbringen, um sichtbar zu sein. Ich finde es aber schlichtweg erschreckend, dass noch immer die Männer die Platzhirsche auf den Bühnen und Podien sind. Es gibt so viele tollen Frauen in unserer Branche, auf geht’s ...  

Liebe Andrea, ja, das ist tatsächlich schade, um so wichtiger für uns auch vielen tollen Frauen eine Plattform zu bieten.