Credit: Franziska Hild

25.03.2020

Zweithaarspezialisten bleiben offen! Max Rieswick: Perückenstudio ist wie eine Arztpraxis

Der BVZ erklärte gestern, dass Dienstleistungsbetriebe im Bereich Körperpflege geschlossen bleiben müssen, für medizinisch notwendige Dienste aber auch in Zeiten der Corona eine Ausnahme besteht. Ein Schlupfloch?

Wir sprachen mit Max Rieswick, einem der Geschäftsführer im Traditions-Familienunternehmen Rieswick, die seit 5 Jahren ausschließlich im Bereich Zweithaar arbeiten.

imSalon: Dürft ihr euren Salon offenlassen?
Max Rieswick:
Ja. Wir haben die Verpflichtung gegenüber den Krankenkassen - solange es möglich ist und die Bundesregierung nichts anderes entscheidet - Patienten in dieser Zeit beizustehen und sie im Heilungsprozess zu unterstützen. Wir sind Heil- und Hilfsmittellieferanten der Krankenkassen und wenn ein Arzt ein medizinisch indiziertes Rezept ausstellt, müssen wir das Produkt auch liefern.
Ausnahme: bei uns würde jemand erkranken, dann müssen wir das Unternehmen schließen, in Quarantäne gehen und das selbstverständlich den Krankenkassen auch melden.

Was sind im Moment medizinisch notwendige Tätigkeiten?
MR:
Jedes Krankheitsbild, was den Verlust des eigenen Haares bedeutet: Verschiedene Alopecia, Schädeloperationen, Haut- und Haarkrankheiten, die als solche von einem Arzt diagnostiziert sind.

Jetzt denken viele Unbetroffene: Kann man denn gerade jetzt nicht warten?
MR: Absolut verständlich, das ist eine 50/50 Frage. Die einen denken, in einer Krankheitsphase kann das ja nicht so schlimm sein, diese Zeit zuhause mit einem Tuch zu überbrücken! Aber andere wiederum denken, ich könnte es nicht, denn für die meisten ist der Haarverlust das schlimmste am Krankheitsbild. Der Blick in den Spiegel trägt viel zu einem guten Krankheitsverlauf bei, das darf man nicht unterschätzen. Ich kann beide Seiten verstehen.

"Nur das ausgestellte Rezept eines Arztes berechtigt den Kunden herzukommen."

Habt ihr derzeit persönlichen Kontakt zu Kunden? 
MR: Ja. Allerdings sind Friseurdienstleistungen jeglicher Art im Moment ausgeklammert. Nur das ausgestellte Rezept eines Arztes berechtigt den Kunden herzukommen. Denn wir gewährleisten Versorgung und Beratung im medizinischen Fall.

Kollegen könnten das für ein Schlupfloch halten.
MR: Das werden auch viele so sehen. Aber wir bieten explizit keine Friseurdienstleistungen an, sondern haben uns seit 5 Jahren ausschließlich auf den medizinischen Haarersatz - Perücken und Haarteile - spezialisiert.

Ihr bietet eine Online-Patientensprechstunde. Gerade im Moment sicher sehr hilfreich?
MR:
Ja, wir arbeiten jetzt das zweite Jahr damit. Besonders hilfreich, wenn es dem Kunden nicht gut geht. In solchen Situationen ist es immer besser, sich face-to-face zu sehen, und das geht digital sehr gut. Mit diesem Tool haben wir die Möglichkeit, Anpassungen auch aus der Ferne machen zu können, ohne dass Kunden zu uns kommen müssen. Das ist gerade im Moment sehr wichtig.

"Wir verwenden Masken, Desinfektionsmitel und Handschuhe"

Macht ihr derzeit Kundenbesuche?
MR: Prinzipiell nicht. Hinfahren wäre praktisch das gleiche, wie herkommen. Wir haben unseren Kunden und unseren Mitarbeitern gegenüber eine Verantwortung und versuchen jeden Kontakt zu vermeiden. Wenn wir einen Kunden hier erwarten, treffen wir alle Sicherheitsvorkehrungen. Wir verwenden Masken, Desinfektionsmittel und Handschuhe.Wir reduzieren Kontakte aufs Nötigste und müssen unsere Kunden nicht unbedingt treffen, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.

Das Unternehmen Rieswick produziert und knüpft selbst, hat einen Reparaturservice, eine Videoberatung und damit wahrscheinlich auch Aufträge - aber auch 15 Mitarbeiter. Werdet ihr über die Runden kommen oder auf Maßnahmen, wie Kurzarbeit setzen müssen?
MR:
Wir haben hier eine Situation in der wir so noch nie waren, sie ist für uns alle neu. Wir haben ein Super-Team und das verbindet uns. Wir machen jeden Morgen eine Krisensitzung, in der wir mit den Mitarbeitern besprechen, wie wir weitermachen, welche neue Herausforderungen es gibt. Wir haben  keine Lieferschwierigkeiten und ein großes Lager an Perücken und Haarersatzteilen in allen Farben, allen Längen.

"...unwichtige Dinge wie Zeitschriften gibt es schon längst nicht mehr."

Wie gewährleistet ihr gesunde Mitarbeiter?
Gewährleisen ist ein hartes Wort. Wir reduzieren die Kundenkontakte. Alle, die kommen müssen, kommen allein oder nur mit einer Begleitperson. Sofern sie nicht selbst einen haben, bieten wir sofort Mundschutz an, reinigen vor und nach der Beratung und vor den Augen der Kundschaft den Behandlungsraum, unwichtige Dinge, wie Zeitschriften gibt es schon längst nicht mehr, wir halten weitestgehend körperliche Distanz. Heute bauen wir zusätzlich noch einen Hustschutz am Empfang. Aber alle diese Vorkehrungen hatten wir im Prinzip vorher schon - ähnlich einer Arztpraxis - weil gerade Krebspatienten besonders anfällig sind bei Grippe oder Kleinstkrankheiten.

Max, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute in diesen stürmischen Zeiten.