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06.12.2024

Unisexpreise: In Österreich Pflicht, in Deutschland nicht, warum?

In Österreich dürfen für Friseurleistungen für Frauen und Männer keine unterschiedlichen Preise verlangt werden. Warum gibt es sie teilweise dennoch? Und warum ist es in Deutschland nicht ebenso verpflichtend? Wir haben Antworten…

In Österreich sind Unisexpreise Pflicht

Seit 2008 dürfen in Österreich keine unterschiedlichen Preise für dieselben Friseurdienstleistungen oder Leistungspakete für Frauen und Männer verlangt werden. Das verbietet das Gleichbehandlungsgesetz mit dem § 31.

"Friseurdienstleistungen dürfen nur auf der Basis konkreter, objektiver und sachlicher Kriterien, wie zum Beispiel der Haarlänge oder verschiedener Anwendungen und des dadurch verursachten Zeitaufwands erfolgen", heißt es im Ratgeber der WKO. Dies muss bereits die Preisliste widerspiegeln. Dennoch kommt es vor, dass Friseurbetriebe gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstoßen, indem sie Männern und Frauen unterschiedliche Preise für dieselbe Leistung verrechnen.

Die zentrale Aussage der WKO:

  • Bei Friseurdienstleistungen muss von den Leistungen der Friseure ausgegangen werden und nicht von den Kundinnen und Kunden.
  • Ein Leistungskatalog soll helfen, diese Preise nicht Geschlechts-diskriminierend auszuschreiben.
  • Die Preisliste muss in der Auslage und im Salon gut sichtbar ausgehängt werden!

Eine Musterpreisliste findet ihr unter: https://www.wko.at/oe/gewerbe-handwerk/friseure/formularsammlung

Wie kann es dann sein, dass in Österreich teilweise immer noch unterschiedliche Preise verlangt werden?

Wo keine Klägerin, da keine Richterin. Da es sich aber meist um so kleine Geldbeträge handelt, sehen viele Kundinnen und Kunden davon ab, den niedrigeren Preis vor Gericht einzuklagen. Plus: Das Kostenrisiko einer Klage steht nicht im Verhältnis zu dem Geldbetrag.

Ein fehlendes Verbandsklagerecht erschwert den Prozess zusätzlich, da jede einzelne Person selbst den geringen Betrag mit hohem Gerichtskostenrisiko einklagen müsste. Gäbe es ein Verbandsklagerecht, dann könnten gleichartige Leistungsansprüche von einem Verband unmittelbar gerichtlich eingeklagt werden. Das Kostenrisiko würde die Einzelnen also nicht treffen.

Zudem haben viele Betroffene Schwierigkeiten, die viel zu kurzen Fristen von 2 Monaten überhaupt einhalten zu können.

Friseure dürfen selbst entscheiden

Warum gilt diese Regelung nicht in Deutschland?

Deutschland hat eines der schwächeren Antidiskriminierungsgesetze in Europa (Quelle: ADS). Seit der Einführung des AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) im Jahr 2006 gab es keine Verbesserungen beim Diskriminierungsschutz, so die ADS (Antidiskriminierungsstelle des Bundes).

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in Deutschland:

  • 2006 wurde in Deutschland ein Gesetz geschaffen, das den Schutz vor Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität durch private Akteure (z. B. Arbeitgeber, Vermieter, Anbieter von Waren und Dienstleistungen) umfassend regelt.
  • Das Gesetz enthält Rechte und Pflichten für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gleichermaßen wie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
  • Auch bei Geschäften des täglichen Lebens wie dem Einkaufen, bei Versicherungs- und Bankgeschäften und bei Restaurant- oder Clubbesuchen gilt der Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

Die ADS schrieb auf unsere Nachfrage hin: „Die Gründe für unterschiedliche Preise bei Damen und Herren sind natürlich individuell. Bei der Preisfindung wird ein Friseurbetrieb in der Regel den durchschnittlichen Aufwand für eine Dienstleistungskategorie erfassen. Dann ist es oft nicht möglich, jede Kundin/jeden Kunden in einem gesonderten Kalkulationsverfahren zu berücksichtigen, zumal die Friseurin oder der Friseur aufgrund der Preisangabenverordnung prinzipiell feste Preise auszeichnen muss.“

Da das Gesetz es nicht explizit verbietet, dürfen Friseursalons selbst entscheiden, wie sie ihre Preise gestalten. 

Hinzu kommt, dass Kundinnen vor Gericht eine klare Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts vorweisen müssen. Sprich, das Geschlecht muss zumindest objektiv mitursächlich für die vorgenommene Ungleichbehandlung gewesen sein.

Beklagte Frisiersalons könnten in einem hypothetischen Gerichtsprozess argumentieren, dass unterschiedliche Preisforderungen für die „formal“ gleiche Leistung nicht auf dem Geschlecht an sich, sondern allein auf dem erhöhten Aufwand basierten, den etwa Damenfrisuren bereiteten.

Ob ein Verstoß gegen das AGG vorliegt, muss immer für jeden Einzelfall bewertet werden.

Ob Genderpreise noch zeitgemäß sind oder Unisexpreise nicht die Zukunft sind, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wie Unisexpreise beim Friseur funktionieren können, erfahrt ihr ►hier.

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