Credit: Martin Steiger für imSalon

25.11.2021

Ampel-Koalition für Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro

Der Koalitionsvertrag der neuen Ampelkoalition sieht eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro vor - das wäre ein Plus von 2,18 Euro pro Stunde zum geplanten Mindestlohn ab Januar '22.

„Mehr Fortschritt wagen! Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.“ Der neue Slogan der Ampel-Koalition klingt vielversprechend, nach einmonatigen Verhandlungen zwischen SPD, FDP und den Grünen wurde das Koalitionspapier unter diesen Lettern am Mittwochnachmittag präsentiert.

Dass die Ampel-Koalition die Arbeitswelt umkrempeln könnte, wurde schon zu Beginn der Verhandlungen spekuliert. Flexiblere Arbeitszeiten, mehr Minijobs und die Erhöhung des Mindestlohns waren in Planung. Letztere soll bereits mit Antritt der Koalition eintreffen: Die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns, mit einer einmaligen Anpassung auf 12 Euro pro Stunde ist im 177 Seiten umfassenden Koalitionspapier der Ampelkoalition auf Seite 69 verankert. Die Mindestlohnkommission soll infolge über weitere Erhöhungsschritte befinden: „Wir werden den gesetzlichen Mindestlohn in einer einmaligen Anpassung auf zwölf Euro pro Stunde erhöhen. Im Anschluss daran wird die unabhängige Mindestlohnkommission über die etwaigen weiteren Erhöhungsschritte befinden. Wir unterstützen den Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über angemessene armutsfeste Mindestlöhne zur Stärkung des Tarifsystems.

Derzeit liegt der Mindestlohn in Deutschland bei 9,60 Euro pro Stunde und hätte ab Januar 2022 auf ►9,82 pro Stunde ansteigen sollen (Stufe 3) und bis Juni 2022 in der vierten Stufen auf 10,45 Euro. (siehe auch: ►Ver.di begrüßt Pläne für 12 Euro Stundenlohn ab 2022). Wann die Erhöhung auf 12 Euro pro Stunde dann fix ist, ist noch nicht bekannt. Wir bleiben dran.

Das Koalitionspapier könnt ihr euch ►HIER herunterladen!
 

Auszüge aus dem Koalitionsvertrag 

Mindestlohn
Wir werden den gesetzlichen Mindestlohn in einer einmaligen Anpassung auf zwölf Euro pro Stunde erhöhen. Im Anschluss daran wird die unabhängige Mindestlohnkommission über die etwaigen weiteren Erhöhungsschritte befinden. Wir unterstützen den Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über angemessene armutsfeste Mindestlöhne zur Stärkung des Tarifsystems. Dabei setzen wir uns – unter Achtung der europäischen Kompetenzordnung sowie unterschiedlicher Systeme und Traditionen von Arbeitsbeziehungen in den Mitgliedstaaten – bei den Verhandlungen für verbindliche Mindeststandards ein, wie sie in Deutschland mit dem neuen Mindestlohngesetz nach Beschluss gelten werden.

Tarifautonomie
Wir wollen die Tarifautonomie, die Tarifpartner und die Tarifbindung stärken, damit faire Löhne in Deutschland bezahlt werden – dies befördert auch die nötige Lohnangleichung zwischen Ost und West. Zur Stärkung der Tarifbindung wird die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche gebunden, wobei die Vergabe auf einer einfachen, unbürokratischen Erklärung beruht. Betriebsausgliederung bei Identität des bisherigen Eigentümers zum Zwecke der Tarifflucht werden wir verhindern, indem wir die Fortgeltung des geltenden Tarifvertrags sicherstellen. Unangetastet bleibt § 613a BGB (Rechte und Pflichten beim Betriebsübergang). Im Dialog mit den Sozialpartnern werden wir weitere Schritte zur Stärkung der Tarifbindung erarbeiten und hierbei insbesondere Möglichkeiten für weitere Experimentierräume erörtern.

Selbständige
Selbständige sind wesentlicher Teil unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Nach der aktuellen Reform des Statusfeststellungverfahrens führen wir im Lichte der Erfahrungen einen Dialog mit Selbständigen und ihren Verbänden, um dieses zu beschleunigen und zu verbessern. Ziel ist, in der digitalen und agilen Arbeitswelt unbürokratisch Rechtssicherheit zu schaffen. Durch einen erleichterten Zugang zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung unterstützen wir auch Selbstständige sowie Gründerinnen und Gründer. Wir prüfen dabei, ob und wie ein Zugang ohne Vorversicherungszeit möglich ist. Wer als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer in einer GmbH (etc.) tätig war und dafür Beiträge entrichtet hat, sollte Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Die Sonderregelung für unständig Beschäftigte in der Arbeitslosenversicherung, insbesondere für Kulturschaffende, entfristen wir und prüfen Vereinfachung und Weiterentwicklung. Zur Unterstützung von Soloselbständigen in der andauernden Corona-Pandemie führen wir die Neustarthilfe im Rahmen der Überbrückungshilfe III Plus so lange wie benötigt fort. Um auch bei zukünftigen schweren Krisen, die zu nicht selbst verantworteten Erwerbsausfällen führen, Selbstständige auch bei der Finanzierung ihrer Lebensunterhaltskosten schneller und besser helfen zu können, treffen wir Vorsorge für steuerfinanzierte Wirtschaftshilfen. Dabei werten wir die Erfahrungen mit der Neustarthilfe aus. Wir schaffen kein neues Regelsystem. Während der Corona-Pandemie hat sich die besondere Bedeutung der Künstlersozialkasse für die soziale Absicherung von Kreativen und Kulturschaffenden bewährt. Diese wollen wir auch künftig sicherstellen.

Absicherung für Selbständige
Wir entlasten Selbstständige dadurch, dass Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung oberhalb der Minijobgrenze nur noch strikt einkommensbezogen erhoben werden. Wir werden für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit einführen. Selbstständige sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, sofern sie nicht im Rahmen eines einfachen und unbürokratischen Opt-Outs ein privates Vorsorgeprodukt wählen. Dieses muss insolvenz- und pfändungssicher sein und zu einer Absicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen. Bei jeder Gründung gilt jeweils eine Karenzzeit von zwei Jahren. Die geförderte zusätzliche private Altersvorsorge steht allen Erwerbstätigen offen.