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12.06.2019

Friseursalon Razzien - Bestandsaufnahme

Die Schweizer und die Östereicher haben es vorgemacht. Razzien in Barbershops führten zutage, was viele vermuten: Missstände, Sozialversicherungsbetrug, Registrierkassenbetrügereien. Wie funktionieren die Kontrollinstanzen eigentlich in Deutschland?

Joachim Weckel, Justiziar vom ZV des deutschen Friseurhandwerks, listet Wissenwertes für uns auf:

  • Aufgrund der organisations- und zuständigkeitsstrukturellen Aufteilung der Kontrolltätigkeit sind einheitliche Kontrollansätze zwar denkbar, werden aber nicht realisiert, obwohl in Problemkonstellationen sehr oft in allen Bereichen Verstöße vorliegen.
  • Es gibt eine informelle Vernetzung: Der Zoll informiert nach seinen betrieblichen Kontrollen bei Verdachtsmomenten die Finanzverwaltung und/oder Rentenversicherungsträger.
  • Der Zoll hat im Jahre 2018 rund 1.500 Friseurbetriebe bundesweit kontrolliert.
    Der Zentralverband versucht eine größere Kontrollintensität und vor allem Effizienz durch eine intensive informelle Zusammenarbeit zu erreichen. Aus rechtlichen Gründen ist eine institutionelle und direkte Zusammenarbeit nicht möglich. Auch ist der Zugriff auf Kontrolldaten aus datenschutz- und persönlichkeitsrechtlichen Gründen nur sehr eingeschränkt möglich.

Kontrollinstanzen Schwarzarbeit

Wer prüft eigentlich was? Das ist im deutschen Bürokraten-Dschungel nicht so einfach. Im Folgenden deshalb ein kleiner Überblick über die Kontrollinstanzen der BRD. 

Steuerliche Betriebsprüfungen, Umsatzsteuerprüfungen und Kassennachschau

  • Finanzämter, Prüfer, Steuerfahndung
  • Korrekte Erfassung und Abführungen von Steuern
  • Kassennachschau

Zollkontrollen

  • Einhaltung der Mindestlohnzahlung
  • Leistungsmissbrauch
  • Subsidiär: Korrekte Abführung der Sozialversicherungsbeiträge
  • Ggf. Veranlassung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wegen Vorenthaltung von Arbeitsentgelt

Betriebsprüfungen der Rentenversicherungsträger

  • Korrekte Abführung der Sozialversicherungsbeiträge
  • Künstlersozialversicherung

Überprüfung gewerbe- und handwerksrechtlicher Verstöße

  • Handwerkskammer: Führung der Handwerksrolle
  • Überprüfung der handwerksrechtlichen Voraussetzung
  • Einleitung der Androhung der Betriebsuntersagen, Einleitung von Schließungs- und Sanktionsverfahren

Ordnungsämter (Bezirksregierung, Bürgermeister, Landräte)

  • Durchführung von Betriebsschließungs- und Bußgeldverfahren
  • Durchführung der Verwaltungsvollstreckung

Wie kommt der Zoll Schwarzarbeitern auf die Spur?

  • Wenn ein Zeuge einen verdächtigen Schwarzarbeiter meldet, kann der Zoll bei der Staatsanwaltschaft einen Durchsuchungsbeschluss beantragen.
  • Die Wohnung eines „Verdächtigen“ ist grundsätzlich geschützt, eine Kontrolle darf nur die geschäftlichen Räumlichkeiten betreffen.
  • Sind Verstöße ausgemacht, werden diese zur Anzeige gebracht.
  • Geschäfte schließen kann aber nur die Handwerkskammer, hier greift die informelle Vernetzung der Institutionen.

Über 1.500 Kontrollen im Jahre 2018. Was waren die häufigsten Beanstandungen?:

  • Mitarbeiter verdienen weniger als gesetzlichen Mindestlohn
  • Tarifverträge zur Einsicht für Mitarbeiter fehlen
  • Sozialversicherungsbeiträge werden nicht abgeführt
  • Geschäfte werden ohne Friseurmeister geführt
  • ausländische Mitarbeiter ohne Arbeits Erlaubnis
  • Arbeitslosengeldbezieher arbeiten mehr als erlaubt
  • Scheinselbstständigkeit bei Mietstuhlinhabern  

Was passiert bei Verstößen?

  • Wird der vorgeschriebene Mindestlohn umgangen, ist mit Geldstrafen bis zu 500.000 Euro zu rechnen.
  • Werden AusländerInnen ohne erforderliche Erlaubnis beschäftigt und Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten, kann das zu einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren führen.
  • Arbeitnehmer, die Sozialleistungen beziehen und arbeiten, ohne dies dem Sozialleistungsträger zu melden, werden mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.

Wo kann ich Schwarzarbeit melden und welche Angaben sind dabei erforderlich?

  • Für die Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung sind in Deutschland die Hauptzollämter mit ihrem Arbeitsbereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit zuständig, bei denen Hinweise auf mögliche Schwarzarbeit schriftlich oder telefonisch abgegeben werden können.
  • Grundsätzlich unterliegen Name und Angaben datenschutzrechtlichen Bestimmungen und dürfen nicht unbefugt weitergegeben werden. Meldungen können aber auch anonym geleistet werden.
  • Ansprechpartner für die Bekämpfung von illegaler Schwarzarbeit ist das jeweils  zuständige Hauptzollamt.

Bündnis zur Bekämpfung der Schwarzarbeit im Friseurhandwerk

Seit 2016 gehen Zoll, Verband und Gewerkschaft gemeinsam gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung im Friseurhandwerk vor. "Erste Erfolge sind auch sehenswert, wenngleich nicht so extrem wie in den Nachrichten aus Österreich", so Jörg Müller, Geschäftsführer des ZV des Deutschen Friseurhandwerks.

Dieses Bündnis, bestehend aus Bundesministerium der Finanzen, ZV des Deutschen Friseurhandwerks, Ver.di, und dem Zoll hat das Merkblatt zu den Prüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung im Friseurhandwerk veröffentlicht und steht unten zum Download bereit.