01.04.2022
Anica Strucks: Wir wollen laut sein und etwas in der Branche bewegen
Sie ist die neue Frau an der Spitze von Schwarzkopf Professional Deutschland und bringt erfrischenden Optimismus und klare Vorstellungen mit, setzt auf ein Winning Portfolio und erklärt, weshalb Henkel ihre Höhle der Löwen ist …
Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick
Du stehst seit November 21 an der Spitze von Schwarzkopf Professional Deutschland. Was sind aktuell Deine Hauptaufgaben?
Anica Strucks: Gute Frage! Schwarzkopf Professional in das beste Licht zu rücken (lacht herzlich). Als ich vor 11 Jahren in das Unternehmen kam, habe ich gesagt, dass ich nur komme, wenn die Firma einen anderen Weg einschlägt. Und ich freue mich, dass das Unternehmen Wort gehalten hat, heute haben wir ein ganzheitliches Winning-Portfolio, mit dem wir kreative, zukunftsorientierte, einfach tolle Kunden bedienen können.
Wie sieht Dein Winning Portfolio aus?
AS: Wir haben Schwarzkopf Professional, unsere ganzheitliche Marke, die Premium Marke Authentic Beauty Concept und STMNT, als eine der innovativsten Herrenmarken, damit steht uns eine neue Welt offen. Damit können wir als Team noch selbstbewusster in den Markt gehen und zeigen, wie stark wir als Partner sind.
Seit Jahren setzt Henkel auf friseurexklusive Eigenmarken, begonnen hat es mit Authenic Beauty Concept. Was hat den Erfolg ausgemacht?
AS: Authenic Beauty Concept ist eine eigens entwickelte, unabhängige Marke mit einem tollen Team dahinter, das Nachhaltigkeit und Achtsamkeit lebt. Die Authentizität, Ehrlichkeit und Transparenz der Marke haben den Zeitgeist getroffen und wir entwickeln uns mit unseren Kunden konstant weiter, wie das neue Refill-Konzept zeigt.
Werden noch weitere Eigenmarken kommen?
AS: Nein, im Moment ist nichts geplant. Die strategischen Ausrichtungen Premium und Grooming decken wir sehr gut ab. Jetzt geht es darum, Schwarzkopf Professional noch stärker zu machen und ganz großer Fokus liegt auf unseren Farbinnovationen wie aktuell Blonde Me.
"Henkel ist dabei unsere Höhle der Löwen, in der wir unsere Ideen präsentieren."
Im Markt gibt es einen Trend hin zu kleineren Marken. Spürt man das? Wie geht man damit um?
AS: Ja, das ist eine Entwicklung und die wir spüren, mit unseren Marken Authenic Beauty Concept und STMNT sind wir da absolut wettbewerbsfähig. Wir fühlen uns auch im eigenen Unternehmen als autarkes Start-up. Ein kleines Team von 7 Leuten agiert wie junge Entrepreneure. Henkel ist dabei unsere Höhle der Löwen, in der wir unsere Ideen präsentieren.
Spüren Kunden das?
AS: Ja, das gibt unseren Kunden Sicherheit, denn wir sind nahbarer und können schnell reagieren.
Die Hairdressing Awards gehen ins Finale. Was sind deine Erwartungen?
AS: Dass es in dieser ganzen Pandemie eine der schönsten Veranstaltung seit 3 Jahren wird.
Die Hairdressing Awards kosten, zahlt sich das eigentlich für euch aus?
AS: Es zahlt sich für die Branche aus! Wir setzen stark auf das Handwerk und die Kreativität des Friseurs, das steht im Mittelpunkt. Friseur*innen benötigen diese Bühne, um sich frei entfalten zu können, ihre Ideen zu leben und vieles davon auch wieder mit in ihre Salonarbeit zu nehmen. Dahinein investieren wir gerne.
Im Januar hat Henkel aufhorchen lassen mit der Businesskonsolidierung Laundry & Care. Kann man bereits mehr dazu sagen, wie der Friseurmarkt davon betroffen sein wird?
AS: Im Mai wird es weitere Informationen rund um das Thema geben. Die Betreuung sowie die erfolgreiche Zusammenarbeit mit unseren Salon-Partner*innen wird weiterhin für den Professional Bereich oberste Priorität haben.
Wie ist es eigentlich zur Zusammenarbeit mit Calligraphy Cut gekommen?
AS: Wir wollen laut sein und etwas in der Branche bewegen! Das geht mit starken Kooperationspartnern. Wir machen Premiumprodukte, die Hairdressing Awards und so viele großartige Aktionen, Frank Brormann ist da eine tolle Ergänzung und ein starker Partner.
"Wir müssen in Deutschland den Durchschnitts-Dienstleistungspreis nach oben bringen."
Ein konkretes Ziel dabei?
AS: Wir müssen in Deutschland den Durchschnitts-Dienstleistungspreis nach oben bringen. Das funktioniert nur über die Aufwertung der Dienstleistung durch Schulung und eben neuen Techniken wie mit dem Calligraphy Cut. Der Kunde im Salon erwartet heutzutage mehr für sein Geld und eine Preiserhöhung von 30 € auf 50 €, aufgrund der Energiepreiserhöhung, wird nicht akzeptiert. Ich glaube mit neuen Konzepten, neuen Dienstleistungen und ganzheitlichen Premiumangeboten kann der Friseur punkten und Schwarzkopf Professional und Calligraphy Cut bilden hier eine gute Ergänzung.
Zum Thema Big Buzz – Ihr holt gerade spannende neue Akteure an Bord. Wie ist hier eure Strategie?
AS: Mit neuen Gesichtern erhalten wir eine andere Reichweite, eine andere Wahrnehmung und selbst neue Akzente. Es ist gut immer auch neue Partner und Akteure aufzunehmen, um andere Perspektiven zu erhalten, das funktioniert sehr gut.
"Wir würden uns gern noch mehr Akteurinnen wünschen,..."
Allerdings sind das durch die Bank weg Männer. Wo bleiben die Frauen?
AS: Wir führen viele Gespräche, natürlich auch mit kreativen, herausragenden Friseurinnen. So langsam ändert sich das Verhältnis, immer mehr Frauen erobern die Bühnen. Doch wir würden uns gern noch mehr Akteurinnen wünschen, Frauen sind noch immer zurückhaltender, wenn es um die großen Auftritte geht, sie agieren lieber im Hintergrund, das ist sehr schade.
Wenn ich nun weiß, dass Frauen zurückhaltend sind, kann man da nicht proaktiver auf Frauen zugehen? Was hältst du von einer Frauenquote?
AS: Auf Frauen zugehen auf jeden Fall, aberich würde nicht allgemein einer Quotenregelung zustimmen, dann bist du am Ende doch die Quotenfrau. Es müssen Qualität, die handwerkliche Expertise, Auftreten und die Persönlichkeit überzeugen. Wenn ich vier Bewerbungen habe, die alle gleich qualifiziert sind, dann würde ich auf das Profil setzen, dass noch fehlt und das wäre dann ganz sicher die Frau, wenn eine dabei wäre.
Wo siehst Du Chancen für den Friseurmarkt.
AS: Ganz klar in der Aufwertung des Handwerks: Es fehlen Mitarbeiter*innen und Nachwuchs, von unten kommt nichts nach. Mittelfristig wird sich diese Entwicklung auf den Preis auswirken. Ich bin überzeugt, dass der Stundenlohn für die Dienstleistung in den kommenden Jahren stark nach oben gehen wird. Dann wird sich die Spreu vom Weizen trennen, denn je teurer du bist, umso mehr wird der Konsument darauf achten, wie deine Qualität ist. Ich glaube, dass das eine gute Entwicklung ist. Dadurch wird dann auch der Beruf an sich wieder attraktiver.
Was kann die Industrie dazu beitragen?
AS: Da muss die Branche umdenken und das kann sie, ich habe das oft erlebt. Die Azubi-Entwicklung gibt es nicht erst seit gestern und uns allen in der Branche ist dies bewusst. Wir fördern mit unseren Aktionen, wie Love for Hairdressers, dem Cutting Edge oder unseren Juniorcamps, die Aufmerksamkeit für unser Handwerk und den Nachwuchs. Aber im Endeffekt können wir es nur zusammen, der Friseur selbst, die Industrie, die Medien und die Verbände, nur gemeinsam können wir Änderungen hervorrufen, die Industrie allein kann es nicht schaffen. Insbesondere der Friseur und die Friseurin können hier etwas bewegen, sie haben die Expertise und können über das wunderbare ihres Handwerks, die täglichen Begegnungen, Work-Life-Balance und auch Verdienstmöglichkeiten am besten und sozusagen aus erster Hand sprechen. Viele Friseur*innen sind schon proaktiv in ihrer Stadt, ihrer Region an Schulen und Jugendzentren unterwegs und bringen sich ein, tausende Friseur*innen sind auf Social Media aktiv und zeigen ihre Fähigkeiten, genau so kann man die Jugend bewegen, wir müssen alle zusammen laut sein.
Was stimmt dich in der Branche optimistisch?
AS: Was viele einzelne Friseur*innen für unglaublich erfolgreiche Konzepte auf die Beine stellen und welche Erlebnisse sie im Alltag bieten. Friseure können noch nah und persönlich sein und Erlebnisse inszenieren. Da gibt es eine Friseurin Babette in München, die verkauft Fashion-Accessoires und Schmuck, die Erdogu Schwestern verkaufen Interior-Design im Salon, Nagellacke boomen, Service boomt. Das sind alles neue kreative Zugänge, ich bin überzeugt, es hat jetzt einen Aufschwung gegeben, man sieht das an den vielen neuen Salons, zwar kleiner, aber dafür mehr Erlebnis und höhere Individualität. Ich bin überzeugt, wir kommen zu einer echten Erlebnisvielfalt.
Liebe Anica, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg
Über Anica Strucks
Anica Strucks ist studierte Diplomkauffrau, die eigentlich Friseurin werden wollte und dann doch die BWL Laufbahn einschlug. Über ein Praktikum bei Estee Lauder kam der Weg zu Aveda und in die Friseurbranche. 2011 ging es dann zu Schwarzkopf Professional in unterschiedliche Marketing & Vertriebs Positionen in Deutschland. Seit 2019 ist die zweifache Mutter wieder zurück in Deutschland und verantwortete den Markenaufbau von Authentic Beauty Concept DACH. Seit November 2021 ist Anica Strucks Commercial Manager HBCP SKP DE.