v.l. Patrizio, Antonio, Christian und Arkadius

06.09.2022

Vorzeigeprojekt, um Azubitalent zu binden - 2 Unternehmer verbünden sich

Ausbildung anders denken, das machen Christian Klier und Arkadius Constantin Wilhelm. Zwei Wolfsburger Salonunternehmer teilen sich einen Auszubildenden, um dessen Wünsche zu erfüllen. Wie das geht erzählt uns Christian Klier …

Christian Klier, Geschäftsführer bei Joe’s Barber, im Interview mit Raphaela Kirschnick

Im September beginnt die nächste Generation Azubis. Du teilst dir einen Auszubildenden. Erzähl doch mal, wie es konkret dazu gekommen ist.
Christian Klier:
Im vergangenen Jahr hat sich der 15-Jährige voll motivierte Antonio bei mir vorgestellt, weil er Barber werden möchte. Daraufhin haben wir ihn mal antanzen und Probearbeiten lassen. Was soll ich sagen, der steckt tatsächlich voller Talent. Weil es aber keine klassische Barber Ausbildung gibt, sondern eben nur die Friseur-Ausbildung mit anschließender Spezialisierung im Herrenfach, mussten wir eine Lösung finden.

"Langfristig aber hat er ohne abgeschlossene Berufsausbildung keine Perspektive..."

Wenn er so talentiert war, hätte er auch ohne eine Ausbildung beginnen können?
CK:
Klar, wäre es jetzt ein Einfaches für uns gewesen, ihn auf Mindestlohnbasis einzustellen, mit Provisionsregelung und Tralala. Dann hätte er einen Job, der ihm vielleicht kurzfristig einen Erfolg bietet. Langfristig aber hat er ohne abgeschlossene Berufsausbildung keine Perspektive, er würde sich mehr Chancen verbauen. Deshalb haben wir eine Lösung gesucht, in der auch wir die Finger drin haben können, damit er seinen Traum verwirklichen kann.

Wie habt ihr das gemacht?
CK:
Wir, meine Frau Juliane und ich, haben in Wolfsburg angefangen einen Ausbilder, bzw. Partner-Salon zu suchen, der bereit ist, dass ganze Damenfach, also Farbe, Dauerwelle und so, zu übernehmen. Daraufhin hat sich ein intensives Gespräch mit Arkadius ergeben, der auf einem sehr hohen Niveau arbeitet. Der gehört sozusagen zu den Top-Friseuren in Wolfsburg und beschäftigt nur Meister.

Das heißt, zum ersten September beginnt Antonio mit seiner Ausbildung?
CK:
Mit Arkadius hat Antonio den offiziellen Lehrvertrag. Mit der Handwerkskammer ist abgesprochen, dass wir eine zweigleisige Ausbildung fahren, Arkadius mit uns als Partner-Salon.

Wie macht ihr das mit den Kosten?
CK:
Wir sind uns alle einig, dass die Ausbildung von Antonio im Vordergrund steht, aber wir haben eine für alle passende Lösung gefunden, ohne, dass ich jetzt auf Details eingehen möchte.

Und wie teilt ihr die Arbeitszeit?
CK:
Halbe-halbe. In einer geraden Woche arbeitet er bei uns und in der ungeraden Woche arbeitet er bei Arkadius.

"Mit der Handwerkskammer haben wir einen sogenannten "Vertrag über die Berufsausbildung im Verbund"

Wie hat darauf die Handwerkskammer reagiert?
CK:
In Absprache mit der Handwerkskammer haben wir einen sogenannten "Vertrag über die Berufsausbildung im Verbund" abgeschlossen. Ich nenne es umgangssprachlich Kooperationsvertrag.
Hier sind alle rechtlichen Fragen geklärt, insbesondere natürlich, dass der Ausbildungsbereich bei uns von einem Friseurmeister geregelt ist.

Gibt es noch offene Fragen?
CK:
Wir schauen uns das jetzt mal an und haben vereinbart uns regelmäßig zusammenzusetzen, um zu sehen, ob das funktioniert. Vor allem das Einmal-pro-Woche-hier und Einmal-pro-Woche-da. Es kann auch sein, dass es vielleicht sinnvoller ist im Block zu arbeiten. Das werden wir bald sehen.

Wie sieht es aus mit Extras? Weiterbildung?
CK:
Wir wissen noch nicht, wie das mit betrieblichen Fortbildungen wird und wie wir da die Arbeit teilen. Mir ist es letztendlich egal, ob wir mal ein paar Arbeitstage draufzahlen. Am Ende des Tages soll eine gute Ausbildung für Antonio dabei rausspringen. Denn es ist ein talentierter Junge, der es einfach verdient hat, gefördert und gefordert zu werden.

"Egoismus wäre hier die falsche Überschrift."

Jetzt ist der Antonio auf Barber fixiert. Ist das kein Problem für Arkadius, der ja auch viel Zeit und Geld investiert?
CK:
Also letztendlich entscheidet Antonio, was er wo weitermacht. Wir haben den Vorteil, dass er schon jetzt so richtig mitarbeiten kann. Dadurch ist er bei uns vom ersten Tag an ein produktiver Kollege, der hier und da einfach noch Fine-Tuning braucht. Wenn er sich nach der Ausbildung fürs Damenfach entscheidet, dann soll er das machen. Egoismus wäre hier die falsche Überschrift. Für uns kann es nur ein Gewinn sein.

Inwiefern Gewinn?
CK:
Wenn der in der Berufsschule drei Jahre erzählt, was wir für ein geiles Team sind und da dann gegebenenfalls Leute für das Männer Handwerk begeistert, dann ist das für uns ein Gewinn.

Gibt es Dinge, die ihr im Barber Salon macht, die eigentlich gar nicht im klassischen Herrenfach im Rahmen der Friseur-Ausbildung enthalten sind?
CK:
Ganz sicher sogar! Alles rund um das Thema Bart und Rasur wird in der Friseur-Ausbildung überhaupt nicht behandelt. Das Männerfach ist auch von der Technik her etwas anders, er erhält eine große Bandbreite an Herrenschnitten.

 

Pilotprojekt Auszubildenden teilen:

Ausbildungsverantwortlich für das Damenfach ist Arkadius Constantin Wilhelm

https://www.itsin-meisterfriseure.de/

Ausbildungsverantwortlich für das Herrenfach ist Patrizio Stazzone Manazza (Ausbilder und Meister bei Joe’s Barber)

https://barbershop-wolfsburg.de/

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