15.04.2022

Volker Dürrbeck: Beschaffung zu marktgerechten Preisen ist Kernthema

Unterbrochene Lieferketten, dramatische Preissteigerungen stellen auch den Großhandel vor große Herausforderungen. Wie man dabei Optimismus bewahrt und zukunftsorientiert handeln kann, erzählt Euro Friwa Geschäftsführer Volker Dürrbeck …

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Was dürfen wir 2022 vom Großhandelsverbund Euro Friwa erwarten?
Volker Dürrbeck:
Zu Beginn des Jahres waren wir sehr optimistisch, dass nach fast 2 Jahren Covid-19 die Pandemie so weit überstanden ist, etwas Normalität einkehrt und wir uns wieder den Aufgaben und Herausforderungen stellen können, die unsere Kunden, unsere Branche und uns voranbringen.
Nun haben wir eine so unfassbare und traurige Situation des schrecklichen Krieges in der Ukraine, die uns in erster Linie emotional, aber natürlich auch wirtschaftlich sehr trifft.  In vielen Bereichen haben wir bereits die dramatischen Preissteigerungen spüren müssen. Die Probleme der Unterbrechung von Lieferketten, die wir als Auswirkung der Covid-Pandemie hatten, werden uns weiter große Schwierigkeiten bereiten. Was uns diese schweren Zeiten bringen, ist ein näheres Zusammenrücken auf allen Ebenen und vor allem eine größere Solidarität.

Euro Friwa ist im Gegensatz zu anderen Großhändlern eine Marke, die mehr im Hintergrund steht. Wie schafft man es dennoch als Einheit von über 21 inländischen und 10 ausländischen Vertriebspartnern stark aufzutreten?
VD:
Die „Marke“ Euro Friwa steht aus Sicht der Friseure in der Außen-Wahrnehmung eher im Hintergrund. Wir sind kein klassischer Großhändler wie andere Marktbegleiter, sondern die Service-Organisation für unserer Gesellschafter.
Die Euro Friwa Group hat schon sehr früh erkannt, dass Kernthemen eines jeden Großhändlers wie Einkauf, Logistik, Marketing und IT in einer Gruppe mit einer zentralen Stelle wesentlich effektiver und kostenoptimierter organisiert werden können. In all diesen erwähnten Bereichen sind wir eine Einheit und nutzen alle Vorteile, die sich daraus ergeben. Dennoch ist jeder Großhändler weiterhin selbständig und steuert seinen Vertrieb selbst. So schaffen wir einen starken Auftritt als Einheit nach Außen und verlieren jedoch die Individualität und das Persönliche jedes Einzelnen nicht.

Es gibt 21 Vertriebspartner (z.B. Stopperka, Para, etc.). Was sind aktuell verbindende Themen?
VD:
Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die Entwicklung des Marktes durch gravierende, nicht vorhersehbare Veränderungen. Darüber wird sehr intensiv diskutiert. Auch eine zuverlässige, bedarfsgerechte Beschaffung des Sortimentes zu marktgerechten Preisen ist gerade in der heutigen Zeit ein Kernthema, was alle beschäftigt und Sorgen macht.

Wie entwickeln sich eure Exklusivmarken?
VD:  
Alle unsere Eigen- und Exklusivmarken, vor allem DUSY und Inebrya, die schon seit vielen Jahren im Markt sind, sind auf einem sehr guten Weg. Hier haben wir sehr kompetente und zuverlässige Partner, mit denen wir gemeinsam die Turbulenzen der letzten Jahre bewältigen konnten. Bei Qualität und auch beim Preis-Leistungs-Verhältnis muss man in keinster Weise Kompromisse eingehen.
Der Launch der Marke A.S.P war uns sehr gut gelungen. Unsere Kick-off-Veranstaltung im April 2018 in Frankfurt und der Messeauftritt bei der Top Hair mit einer Show auf der großen Bühne waren beeindruckend. Jedoch sind wir durch die Pandemie Anfang 2020 leider ausgebremst worden. Die Möglichkeiten der Markteinführung durch Schulungen, Messen und Beratung durch den Außendienst waren nur schwierig möglich. Wir werden unseren Focus aber weiter auf den Aufbau der Marke legen.

Wird es weitere Exklusivmarken geben?
VD:
In den letzten Jahren haben wir diesen Bereich sehr ausgebaut und entwickelt. Mit unserem aktuellen Sortiment sind wir sehr gut aufgestellt und haben für nahezu alle Bedürfnisse unserer Kunden eine Alternative und eine Lösung.
Es gibt immer wieder neue Trends, Entwicklungen und Nischen. Wenn sich hier die Möglichkeit einer exklusiven Partnerschaft anbietet, sind wir selbstverständlich offen und interessiert.

Ich finde den Farb-o-mat eine tolle Idee – Wie wird dieser angenommen?
VD:
Der Farb-o-Mat hat anfangs sehr großes Interesse am Markt gefunden. Durch die aktuelle Situation wurde dieses Tool weniger genutzt, da anderen Themen die Friseure beschäftigt haben. Wir sind weiterhin von diesem einfachen, unabhängigen Beratungstool überzeugt und werden es in unseren Medien bewerben. Die Fragen des Farb-o-Mat sind schnell ausgefüllt und der Friseur erhält sofort ein Ergebnis – es lohnt!

Wie geht es eurem Unternehmenszweig Efalock?
VD:
Efalock geht es den Umständen entsprechend gut, aber die Herausforderungen sind enorm: Lieferketten, Frachtkosten, Preissteigerung, Inflation, Dollarkurs – mit vielen Unwägbarkeiten ist es in unserer aktuellen Zeit kaum planbar. Und trotzdem gelingt es uns, unser Sortiment vergleichsweise zuverlässig liefern zu können und neue Produkte zu lancieren. Bisher waren wir vor allem mit qualitativ sehr guten Produkten zu einem fairen Preis im Markt. Mit unserem Friseurwagen eNobile und unserer neuen Föhn-Serie eVento in 7 Farben haben wir uns nun auch im gehobenen Segment platziert.
Wir haben die Zeit auch genutzt, um Vorbereitungen für die Zukunft zu treffen, in dem wir intern optimieren und in effektive Prozesse investieren, z.B. in ein Content-Management-System, mit dem wir unsere Produktdaten verwalten wollen, um sie effektiver unseren Kunden zur Verfügung zu stellen.

Wie plant man Innovationen nach 2 Jahren ohne internationale Messen?
VD:
Durch ein großes Netzwerk und engen Kontakt zu den Lieferanten in China und USA und viele eigene Ideen. Auch wenn es keine Messen gibt, das Internet macht nie Pause. Wie in der Vergangenheit kommen die meisten Ideen vom Markt selbst. Aber natürlich würde eine Messe – mit den richtigen internationalen Ausstellern – den Austausch und Kontakt wieder neu beleben. Ein Handicap ist jedoch eindeutig wahrzunehmen: Die Projektlaufzeiten verlängern sich durch die ausgefallenen Messen und der Wegfall der Reisetätigkeit deutlich.

Wie werdet ihr euch als Großhändler weiter positionieren und abgrenzen?
VD:
Die Euro Friwa Group verfolgt Ihre bisherige Strategie und setzt weiter auf die Zentralisierung und Optimierung der Kernthemen. Wir beobachten die Branche sehr genau, reagieren auf die Veränderungen.

„Wir müssen versuchen, die Friseure in allen Bereichen, in denen Bedarf besteht, zu unterstützen und Denkanstöße zu geben“

Worin siehst Du die größten aktuellen Herausforderungen der Branche? Wo siehst Du Lösungsansätze?
VD:
Corona, der Krieg in der Ukraine, die steigenden Preise und eine veritable allgemeine Unsicherheit schicken die Konsum- und Investitionsbereitschaft in den Keller. Fehlender Optimismus ist in vielen Gesprächen verständlicherweise deutlich zu spüren.

Die Herausforderung der Branche ist es aktuell, dass alle Marktteilnehmer diese schwierigen Zeiten sowohl finanziell, als auch emotional durchstehen können. Wir müssen versuchen, die Friseure in allen Bereichen, in denen Bedarf besteht, zu unterstützen und Denkanstöße zu geben. Education und Weiterbildung sind aus vielen Gründen gerade jetzt sehr wichtig. Zum einen natürlich um die fachliche Entwicklung zu fördern, zum anderen aber auch um die Kommunikation und das Miteinander, was in den letzten zwei Jahren kaum stattfinden konnte, wieder aufleben zu lassen. Unsere Eigen- und Exklusivmarken sind für die Friseure eine gute Möglichkeit, finanzielle Vorteile zu nutzen, bei sehr hoher Produktqualität.

Lieber Volker, ich danke dir für das offene Gespräch und wünsche weiterhin viel Erfolg.


Euro Friwa ist der größte Fachgroßhandelsverbund im deutschsprachigen Raum. Für 21 Partnern in Deutschland, darunter Stopperka, Para, Topwell und viele mehr, werden am Standort in Würzburg IT, Einkauf, Marketing und Logistik von 14.000 vorrätigen Artikeln koordiniert.