Credit: fpe

10.01.2023

Helmut Lenzen: Amazon nicht noch reicher machen, sondern Friseure unterstützen

2022 war das Jahr der Neuausrichtung der fpe, 2023 wird mit neuen Marken durchgestartet. Von Luxus bis Nachhaltigkeit ist alles dabei.

Helmut Lenzen, geschäftsführender Vorstand der fpe Friseur- und Kosmetikbedarf eG, im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Im März hast du die „neue digitale fpe“ präsentiert. Wie ist das angekommen?
Helmut Lenzen: 
Es gab schon einen kleinen Aufschrei, im positiven Sinne, denn es war eine komplette Neuaufstellung der Marke fpe, plus Onlineshop.
Wir mussten das leicht angestaubte Image der fpe aufbrechen, für viele war das eine große Veränderung, viele haben uns gar nicht erkannt.

Digitaler zu werden war dabei ein wichtiges Element, hat es geklappt?
HL:
Das Thema Digitalisierung wird ja von vielen Marktbegleitern in die Hand genommen und wir reden bei der fpe nicht nur von einem einfachen Shop. Wir wollten dem Friseur eine umfangreichere Plattform mit seinem eigenen Shop bieten. Dieser Ansatz ist ein anderer, der unglaublicher Erklärung bedarf. Der Friseur macht viel digital und glaubt, er sei super affin, wenn er viel auf Instagram postet. Die eigentliche Digitalisierung im Salon wurde bei vielen aber noch gar nicht angegangen. Ich dachte, es würde schneller gehen, aber Digitalisierung braucht Zeit und wir sind auf einem guten Weg.

Wie viele Kunden sind denn bereits Teil eures Systems?
HL:
Wir haben an alle Kunden Registrierungspakete verschickt, 2.000 haben sich bereits registriert.

Und arbeiten auch bereits mit dem eigenen Salon-Shopkonzept?
HL:
Die entscheidende Phase ist leider auch sehr erklärungsbedürftig. Denn jetzt muss der Salonunternehmer seine Salonkunden an die Hand nehmen und ihnen sagen: ‚Jetzt kannst du meinen Shop nutzen. Also mache Amazon nicht noch reicher, als sie eh schon sind, sondern unterstütze mich als Friseur.“
Dieser Wissenstransfer muss gespielt werden. Ich bin zu 100 % überzeugt, dass das ein Konzept ist, wo der Friseur einen großen Mehrwert zieht und auch der Kunde gerne bereit ist, das zu unterstützen.

Mit Snoopstar wart ihr Trendsetter, wird das genutzt?
HL:
Das ist für uns ein wichtiges Tool, damit transportieren wir Emotionen, zeigen viele Tutorials, machen uns erlebbar. Wer das richtig spielt, hat damit auch großen Erfolg.

Verkaufen Friseure digital lieber als im Salon?
HL:
Dieses Thema wird uns wohl immer begleiten. Ein großer Vorteil unseres Shops ist, dass der Salonkunde auf über 7.000 Artikel jederzeit zugreifen kann.
Es findet auch keine Kannibalisierung statt, denn die Produkte, die ich bisher im Salon verkauft habe, die werde ich auch weiterhin verkaufen. Diese emotionale Bindung zwischen Kundin und Friseur kann das Digitale niemals ersetzen, nur ergänzen.
Wer das versteht, der verkauft nun mehr Produkte, nämlich über 2 Kanäle, im Salon und online.

Ab 2023 fällt der Vertrieb der Marke Davines weg. Als Ersatz wurden bereits einige neue Marken angekündigt.
HL:
Es stimmt, die exklusive Distribution von Davines fällt weg. Diese wird aber nicht komplett beendet, wir vertreiben Davines auch 2023 weiter.

Neu im Sortiment ist Framesi, welche Strategie verfolgt ihr hiermit?
HL:
Ich habe lange nach einer passenden Marke gesucht. Ganz wichtig dabei war mir eine Familienmarke mit hohen Werten. Framesi erfüllt diese Werte. Im November haben wir unsere Teams darauf eingeschult und starten seit Januar 2023 durch. Framesi wird unsere neue Marke sein, auf die wir eine breite Distribution setzen.

Das bedeutet, auch zukünftig geschieht der Vertrieb der fpe auf im persönlichen Kontakt durch Außendienstmitarbeiter?
HL: Selbstverständlich - es gibt keinen alternativen Weg, unseren Kunden professionelle Marken für den Einsatz in ihren Salons vorzustellen. Und auch die anschließende Belieferung sollte immer auf persönlicher Betreuung basieren - das gehört zur Philosophie der fpe. Daher sind wir immer daran interessiert, unseren Außendienst zu verbessern und suchen auch aktuell nach motivierten Kollegen.

Arbeiten bei fpe? 
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Wie sieht es mit Aus- und Weiterbildung aus?
HL:
Ohne Education geht gar nichts! Wir stellen extra Trainerinnen ein: Eine eigene für Balmain und ein Team für Framesi. Wir planen Roadshows und viele Seminare. Im April wird Framesi groß auf der Top Hair gespielt.

„Als Großhandel bewegen wir uns in einem absolut neuen Segment, nämlich Luxus“

Mit Balmain setzt ihr erstmals Fuß ins Hochpreissegment. Was sind eure Ziele?
HL:
Die fpe hat eine Organisation aufgebaut, die atypisch zum Großhandel ist. Wir haben uns selektiv aufgestellt, wie die Industrie. Aufgrund dessen ist Balmain auf uns zugekommen und möchte unsere Struktur nutzen, um den deutschen Markt auszubauen. Als Großhandel bewegen wir uns in einem absolut neuen Segment, nämlich Luxus. Das spricht eine gewisse Klientel an, die dafür hohe Auflagen erfüllen muss. (Lest auch ►FPE erhält Exklusiv-Vertrieb für Balmain Hair Couture)

Wie sieht die Vertriebsstruktur dafür aus?
HL:
Wir haben dafür eine kleine selektive Distributionsorganisation aufgebaut und uns dafür einen Business Development Manager an Bord geholt, der diesen Markt mit fünf eigenen Außendienstlern bearbeiten wird.

Wird es Balmain in eurem Online-Shop geben?
HL:
Nein, Balmain wird nicht in unserem Online-Shop geführt werden.

„Nachhaltigkeit ist längst kein Alleinstellungsmerkmal mehr“

Welche Marke wird das Thema Nachhaltigkeit, auf dem Davines sehr stark war, besetzen?
HL:
Nachhaltig ist Framesi ganz genauso. Vor 20 Jahren war Nachhaltigkeit noch ein Novum. Heutzutage erfüllt das jede gute Marke, auch Framesi. Nachhaltigkeit ist längst kein Alleinstellungsmerkmal mehr.

Mit welchen strategischen Ansätzen und Wünschen gehst du ins neue Jahr 2023?
HL:
Dass alle Wirren endlich ein Ende finden. Ich hoffe, dass wir das Tal der Tränen bald durchschritten haben, sodass wir uns wieder back to the roots darauf besinnen können, was die Branche ausmacht. Und ich bin zuversichtlich, dass das gelingt, auch wenn es nicht einfach werden wird.

Helmut, vielen Dank für das Gespräch und für 2023 weiterhin viel Erfolg!