Credit: Coiffure Grob

28.04.2020

Coiffure Grob Re-Start-Schweiz: 5 Franken Zuschlag auf Dienstleistungen

Seit Montag, 27.04. sind Salons in der Schweiz geöffnet. Coiffure Martin Grob's Insights nach dem ersten Tag: Azubi als Desinfektionsprofis, Preisaufschlag, Mehrzeitaufwand und Kontrollen vom Gesundheitsamt.

Das Telefoninterview führte Katja Ottiger

Credit: Coiffure Grob

Wie ist war der erste Tag nach dem Re-Start?
Martin Grob: Speziell (lacht). Da wir nicht zu viele Leute ins Geschäft lassen dürfen, arbeiten wir in Teams. Wir starten morgens um 7 Uhr mit der ersten Gruppe für 7 Stunden, danach kommt die zweite von 14 Uhr bis 21 Uhr. 6 Tage in der Woche. Das lassen wir erst einmal für einen Monat, dann sehen wir weiter. Wir halten den vorgeschriebenen 2m Abstand ein und haben nur jeden zweiten Stuhl besetzt. Bei uns ist es Vorschrift, die Abstände zwischen den Plätzen abzukleben, um den Abstand zu sichern.

Was ist in der Praxis anders?
MG:
Der ganze Ablauf! Wir geben Arbeiten nicht mehr an andere Kollegen weiter. Jede Coiffeuse macht alles selbst, normalerweise trägt der Azubi die Farbe auf, das geht im Moment nicht. Frisierumhänge wechseln wir nach jedem Kunden Es boomen die Einwegumhänge. Vor Corona haben alle gerufen bloß kein Plastik und jetzt ist das ok!? Wir verwenden die normalen Umhänge – wir haben extra weitere bestellt. Die kommen zusammen mit den Tüchern nach jedem Kunden in die Wäsche.
Wir haben pro Schicht eine Auszubildende, die sich ausschließlich um die Wäsche kümmert und nach jedem Kunden den Platz desinfiziert.

"3 Minuten pro Kunden mehr."

Wie schätzt du den zeitlichen Mehraufwand pro Kunden?
MG:
Wenn du den Azubi gleich frei hast, der die Tücher und Mäntel in die Wäsche gibt, Haare wegkehrt, den Platz desinfiziert und du gleich zur Kasse kannst, dann schätze ich 3 Minuten pro Kunden. Das ist eigentlich gar nicht so schlimm.

Wieviel weniger Kunden bedient ihr im Vergleich zu vorher?
MG: Naja, wenn du Farbe, schneiden, föhnen hast, dann bist du jetzt 2 Stunden blockiert. Normalerweise könntest du in dieser Zeit 3 Kunden bedienen, weil du Arbeit an die Azubis abgeben könntest. Das gilt auch für die Herren! Normalerweise benötige ich für einen Herrenkunden 30 Minuten, gestern hatte ich mir eine ¾ Stunde gegeben.

Wie läuft es denn jetzt im Salon für den Kunden ab?
MG:
Der Kunde muss erst einmal Hände desinfizieren, bevor er den Salon betritt. Ich habe den Desinfektionsmittelständer so penetrant in den Eingang gestellt, dass du die Tür nicht bedienen kannst, ohne dass du da drüber fällst. Die Garderobe muss der Kunde selbst machen und gleich danach die Maske aufsetzen, diese liegen bei der Garderobe. Die müssen unsere Kunden bis zum Verlassen des Salons aufbehalten. Wir bieten für alle Einwegmasken an. Oft müssen wir den Kunden noch deren Funktion erklären (in der Schweiz gibt es keine Maskenpflicht beim Einkaufen, Anm.). Dann zeigen wir ihnen den Platz, den sie selbstständig einnehmen. Wir sprechen ausschließlich über den Spiegel miteinander und dabei stehen wir hinter dem Kunden, das ist etwas seltsam. Magazine dürfen wir nicht anbieten, die sind verboten.

Was ist mit Ausschank?
MG:
Wir haben zwar kein Ausschankverbot, aber Kaffee bieten wir erst einmal nicht an. Denn wenn jemand trinken möchte, müsste ich 2m zurücktreten, damit derjenige seine Maske herunternehmen kann.

„Ich probiere verschiedene Maskenmodelle …“

Wie läuft es für dich mit dem Mundschutz?
MG:
Wenn du zu viel sprichst, rutscht der Mundschutz immer runter, das Atmen ist nicht dasselbe, beim Föhnen wiederum wird es warm. Ich habe verschiedene Modelle bestellt und werde heute eine andere Version ausprobieren, bis ich die geeignete gefunden habe.

Was ist das Learning? Was werdet ihr heute an Tag 2 verändern?
MG: Wir machen alles so wie gestern, das ist gut gelaufen.

Weitere Schutzmaßnahmen?
MG:
Am Bezahlterminal haben wir die Tastatur abgeklebt und dass sie besser hält, mit Scotch Kleber befestigt. Das Problem ist ja, dass du so ein technisches Gerät nicht so einfach desinfizieren kannst.
Wir haben auch eine Plexiglaswand vor der Kasse, das ist aber bei uns nicht zwingend, allerdings musst du sie an Waschbänken zwischen den einzelnen Plätzen anbringen.

In der Schweiz braucht jeder Salon ein verpflichtendes Salonkonzept?
MG:
Jeder Salon muss ein Schutzkonzept analog der Vorgaben der Coiffure Suisse für seinen Salon adaptieren. Dieses Schutzkonzept musst du im Salon haben, deine Angestellte müssen es lesen und unterschreiben. Unsere Salontür ist zugepappt mit Verhaltensregeln (lacht). Ob die jemand liest, keine Ahnung. Hauptsache, sie hängen da! Da gab es gestern bei Kollegen auch schon die ersten Kontrollen vonseiten des Gesundheitsamtes bzw. der Gewerkschaft. (► Das Schutzkonzept gibt es unten als Download!)

Briefing derMitarbeiter - welche Empfehlungen hast du?
MG
: Es ist sinnvoll das Team eine halbe Stunde vor dem ersten Arbeitsbeginn zusammenzurufen und den neuen Salonablauf mal durchzuspielen. Vorab hatten wir Zoom Meetings, in denen wir den Ablauf 1:1 durchgegangen sind und wichtige Punkte noch einmal besprochen haben.

„Beratung nicht vernachlässigen!“

Was ist noch wichtig?
MG
: Es ist alles neu und alles anders. Was man nicht vernachlässigen sollte ist, den Kunden trotzdem zu beraten! Das geht am Anfang etwas unter, weil man mit sich selbst beschäftigt ist und dem, was man alles machen muss bzw. was man nicht tun darf.

Produktverkauf?
MG:
Wir haben die Regel, alles wegzustellen, damit der Kunde nicht zu viel anfassen kann. Aber unsere Kunden sind die Beratung ja gewohnt. Ich finde, da zählt gesunder Menschenverstand. Ich stelle Produkte trotzdem hin. Sie müssen ja nicht angefasst werden.

Wie ist das Arbeiten mit einer Maske in Puncto Haare färben und schneiden?
MG: Gewöhnungsbedürftig. Gerade beim Herren stört der Gummi beim Backenbart. Ich bitte meine Kunden, die Maske einfach festzuhalten. Dasselbe gilt auch beim Färben: den Gummizug wegnehmen, es könnte ja sein, dass die Maske an den Bändern mitgefärbt wird, was bei Einwegmasken natürlich egal ist.

„Auf Dienstleistungen 5 Franken (4,70 Euro) Zuschlag.“

Du hast Preiserhöhungen zum Abdecken deiner zusätzlichen Ausgaben eingeführt und vorab auf der Website kommuniziert. Wie waren die Reaktionen?
MG: Es gab keine Reaktionen. Wir haben auf die Dienstleistung, z.B. "waschen, schneiden föhnen" 5 Franken (4,70 Euro) aufgeschlagen, das ist sehr human, das empfinden die Kunden auch so. Von anderen Kollegen weiß ich, dass sie 10 Franken aufgeschlagen und das für 3 Monate definiert haben. Ich behalte mir vor, den Aufschlag solange wie nötig zu behalten. Ein Herrenhaarschnitt kostete früher 69 Franken, jetzt 74 CHF. Ob ich die Preise dann endgültig so stehenlassen, kann ich immer noch entscheiden. Die Preise sind auch am Platz kommuniziert.
Und wir haben eine kleine Sparkasse aufgestellt, mit dem Hinweis, dass wir hier Geld sammeln, um später auch einmal wieder einen Teamausflug davon finanzieren zu können.
 

Du bist Herrenfriseur – was kannst du alles derzeit nicht machen?
MG: Bart schneiden dürfen wir grundsätzlich schon, aber nur unter Verwendung von Maske und Schutzschild. Im ersten Schritt bieten wir das nicht an, wir möchten sehen, wie sich das entwickelt. Ich habe auch das Gefühl, dass die Kunden das noch nicht mögen. Gestern hatte ich einen Herren da, der sich immer den Bart schneiden lässt, der kam gestern rasiert.

Was ist mit Augenbrauen, Wimpernfärben, Make Up?
MG: Das dürfen wir im Prinzip auch, aber auch das bieten wir in der ersten Phase nicht an. Wir möchten, dass sich alles erst einmal einspielt. Vielleicht dann in der nächsten Woche, wenn alles rund läuft. Was heute gilt ist morgen ja schon wieder schon anders.

Werden eure Auszubildenden von den Schulen befreit? 
MG: Es wird erwartet, dass sie jeden Tag in der Schule sind, also im Homeschooling. Ich habe eine Angestellte, die aufgrund einer früheren Herzoperation eine Hochrisikopatientin ist und der empfohlen wurde, die ersten zwei Wochen mal nicht ins Geschäft zu kommen. Ich habe deshalb in der Schule um eine Bewilligung für meine Auszubildende im 3. Lehrjahr bekommen, um uns im Geschäft zu unterstützen, das ist mir auch bewilligt worden.
 

Martin, ich höre schon, die Türglocke vom Geschäft geht unentwegt. Du hast zu tun. Vielen Dank für deinen spontanen Einblick in den neuen Alltag und alles Gute für euch!
 

Über Coiffure Grob:

  • 1 Salon in Rapperswil / Schweiz, Inhaber: Martin und Manuela Grob
  • 6 Mitarbeiter & 3 Auszubildende