Credit: Rita Newman

19.06.2018

Beatrix Nägele: Von der klassischen Blondine zur Naturfriseurin

Ungeschminkte Wahrheiten, Guru-Fantasien und essbare Friseurprodukte...

Fakten:
Naturfriseur Oase in Besigheim im eigenen Haus, Culumnatura Fachreferentin seit 2013

imSalon: Klassische Friseurin – Naturfriseurin. Was war ihr Ausstieg zum Einstieg?
Beatrix Nägele:
Ich war 30 Jahre klassische Friseurin, bin in dritter Generation von der Windel an im Salon groß geworden. Dennoch hatte ich irgendwann das Gefühl, die Haare meiner Kunden rufen nach Hilfe. Ich habe zunehmend versucht mit Chemie „gesünder“ zu färben. Zur Zufriedenheit meiner Kundinnen ja, aber ich war es nicht. Ich benutzte immer mehr Produkte, um ihre Haare gesund zu halten. – da stimmte was nicht!

Wie haben Sie Naturprodukte gewählt?
B.N.:
Ich bin immer wieder über das CulumNATURA Journal gestolpert. Nur hatte ich mich nie getraut, ich hatte mit „Natur und Haaren “ nix am Hut. Dann kam der Wink des Schicksals! Ich war in Hamburg bei dem CulumNATURA Infotag. „Zukunftschance Naturfriseur“ mit Willi Luger (Anm.: Willi Luger, Gründer CulumNATURA). Da habe ich mich angemeldet.

Ein Erlebnis mit Folgen?
B.N.:
Ja! Ich habe Naturfriseure kennengelernt - wirklich interessante Leute - und natürlich Willi! Sie müssen sich vorstellen, ich war eine klassische Blondine mit gegelten Nägeln und da sagte die Fachreferentin im "Haut- und Haarpflege Modul" zu uns am ersten Tag, wir sollen morgen alle ungeschminkt und mit ungewaschenen Haaren kommen. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen!

„Ich wollte wissen, ob ein Guru dahintersteckt.“

Und das hat überzeugt?
B.N.:
Ich war zu dieser Zeit an einem Tiefpunkt, körperlich erschöpft, ich wollte und musste etwas verändern. Willis natürlicher und ganzheitlicher Zugang hatte mir gefallen. Allerdings, skeptisch war ich auch! Ich wollte wissen, ob da ein Guru dahintersteckt! Also habe ich mit meinem Mann das Modul „Bewusster (er)leben“ und das „Ernährungs-Modul“ in Ernstbrunn (Anm. Sitz von CulumNATURA in Österreich) besucht. Er hatte sich das Firmengelände incl. die Firma angeschaut und mir dann grünes Licht gegeben. (lacht)

Einen Familienbetrieb auf Naturfriseur umstellen. Wie schwer war das?
B.N.:
Meine Mutter und meine Schwester waren immer überzeugte chemische Friseurinnen und meine Kinder haben mir schlichtweg einen Vogel gezeigt, nur mein Vater fand es generell gut, jedoch wollte er selber nicht mehr umsteigen. Der wichtigste Ratschlag-Impuls kam von Natur-Kollegen: Du hast 30 Jahre gebraucht, lass deine Familie ihren eigenen Weg gehen. Also habe ich einfach vorgelebt.

Was hat sich für Sie persönlich geändert?
B.N.:
Meine Lebenseinstellung. Unser Konsumgüterverbrauch ist um 35 % zurückgegangen, je weniger wir haben, desto besser geht es uns.

Die Reaktion Ihrer Kunden?
B.N.:
Meine Kunden haben gedacht, jetzt spinnt sie! Manche waren schockiert und weg, andere sind mit mir gegangen. Ich habe meinen Kunden erklärt, was mich an den Produkten begeistert und dass ich diese sogar essen könnte! Ich habe sie auch schon probiert! „Vitalis“ z.B. wirkt hervorragend bei Halskratzen, wenn die Stimme schwach wird! (lacht)

Hatten Sie beim Umstieg finanzielle Ängste?
B.N.:
Natürlich! Die waren immer da, allerdings, der Umsatz ist letztlich gestiegen!

Müssen Kunden mehr auf den Tisch legen? Bioprodukte sind ja meistens teurer …
B.N.:
Sie brauchen nicht wirklich mehr Geld. Anfangs ja, um umzusteigen, die Produkte zu erwerben. Wichtig ist, das tägliche Bürsten und alles Chemische/Synthetische wegzulassen. Wenn ich mich an meine Natur anpasse und mich mit ihr anfreunde, wird der Schnitt harmonischer, hält länger, die Kopfhaut wird entspannter und lockerer und ich darf weniger oft zum Friseur.

„Erstkontakte sind ausgiebige 4-Augen-Gespräche“

Wie anders ist es in der Praxis, Naturfriseur zu sein?
B.N.:
Man schaut den Menschen genauer an, Erstkontakte sind ausgiebige 4-Augen-Gespräche und sehr wichtig. Mein Salon ist während der Haut- und Haar-Sprechstunde geschlossen, die Klingel und das Telefon sind aus. Dann öffnet sich der Kunde mehr: Haar Wünsche, Haut und Haaranliegen was will sie, welches Haar ist okay …

Arbeiten Sie heute länger am Kunden?
B.N.:
Im Schnitt 1 Stunde bis 1, 5 Stunden pro Kunde und mehr. Früher hatte ich eine halbe bis ¾ Stunde Zeit.

Sie sind derzeit allein im Salon. Was machen Sie, wenn Sie selbst einmal ausfallen?
B.N.:
Es gibt immer mehr Kollegen, die genauso denken und arbeiten wie ich. Wir stehen in keiner Konkurrenz, wir helfen einander, wir sind Mitbewerber. Ich habe ein paar in näherer Umgebung. Einer arbeitet parallel, die andere Kollegin ist reine Naturfriseurin. Wenn ich krank bin, bitte ich meine Kunden umzubuchen.

Heute schulen Sie das "Culumnatura Haut- und Haarpflege Modul". Was sind die Inhalte?
B.N.:
Wir schulen den Übergang von chemischen/synthetischen Produkten zu naturreinen Bio Naturprodukten in Theorie und Praxis für Haut und Haar.

Als ehemalige Blondine: Raten sie von blond ab?
B.N.:
Nein! Wer blond werden will sollte einen Weißanteil von 30 bis 100% mitbringen – da können wir mit „Satus Color“ Pflanzenhaarfarben im Blondbereich spielen. Wir haben unsere eigene Haarfarbe von der Natur mitbekommen. Wir sind nun mal mittelbond, dunkelblond, braun… Damit können wir so viel tun! Von Glanz, Fülle, Kraft, Lebendigkeit, vom Braun über Kupfer … Und es gibt Bürsten und Produkte, die Reinigung, Glanz und Haltbarkeit bringen. Zwischen synthetisch und biologisch gepflegtem Haar liegen Welten, von der Haarstruktur, der Haare im Licht, von der eigenen Ausstrahlung... Ich habe viele Frauen mit „Satus Color“ Pflanzenhaarfarbe glücklich gemacht.

„Der Kopf braucht die meiste Zeit.“

Wie lang dauert ein Umstieg für den Kunden?
B.N.:
Abhängig von Haar und Länge zwischen 3–9 Monaten. Obwohl, der eigene Kopf braucht die meiste Zeit. (lacht.)

Sehen Kunden den Naturfriseur im Beautysektor mittlerweile anders?
B.N.:
Gesundheit ist gefragt! Was ich gelernt habe, ist, die Leute da abzuholen, wo sie sind und sie in ihren Schritten laufen zu lassen und/oder auf Wunsch zu unterstützen. Kunden und Kollegen.
Ich weiß, ich schwimme nicht mit, sondern gegen den Strom. Das ist nicht immer leicht, jedoch ist das meine Überzeugung.